Bernd Jacobs im Interview über die kommende Bundesligasaison


  (ulg). Nicht rund lief es in der vergangenen Bundesligasaison für den Schach-Club Kreuzberg, der mit Platz 16 auf dem letzten Platz landete. Infolge des Rückzugs des TSV Bindlach-Aktionäre und des Verzichts der anderen Absteiger in der 1. Bundesliga zu verbleiben, ist der SC Kreuzberg aber auch in der kommenden Saison erstklassig. Mannschaftsführer Bernd Jacobs gab uns freundlicherweise in einem Interview Auskunft über die Mannschaft und deren Ziele:


  Redaktion:
  Herr Jacobs, der Schach-Club Kreuzberg hat mit den Großmeistern Maksimenko (Elo 2536) an Brett 3 und Shengelia (2569) an Brett 5 zwei Neuzugänge zu verzeichnen. Was können Sie uns über diese Spieler sagen?

  Jacobs:

  Andrej Maksimenko kommt aus der Ukraine. In der vorigen Bundesligasaison erspielte er für den SK Zehlendorf 50% an Brett 2! Davit Shengelia kommt aus Georgien, lebt in Wien und strebt die Österreichische Staatsbürgerschaft demnächst an. Er spielt mit Thomas Luther auch zusammen in einer Mannschaft bei Graz. Der 'Erstkontakt' erfolgte über Thomas. Die Kommunikation mit beiden Spielern erfolgt in deutscher Sprache, die Beide sehr gut sprechen.
  Wenn wir schon über Neuzugänge sprechen, soll hier nicht unerwähnt bleiben, dass mit Steve Berger, Dr. Wolfram Heinig und Dr. Sebastian Schmidt-Schäffer drei weitere Spieler zum SC Kreuzberg gekommen sind, die dem Spielerkader der 1. Mannschaft angehören ... und zur Entlastung des Mannschaftsführers konnte auch Reinhard Müller gewonnen werden, darüber freue ich mich besonders. Er hat die Rolle des 'Vize Mannschaftsführers'.
  Drei Abgänge haben wir auch zu verzeichnen. Karsten Volke hatte u. a. berufliche Gründe angegeben und wird in einem Baden-Württembergischen Verein in Zukunft zu finden sein. Stefan Löffler wollte nicht in der 2. Mannschaft spielen und zeigte sich wenig ambitioniert für die 1. Bundesliga. Deshalb fand er keine Berücksichtigung mehr. Levon Aronian war ja unser Top-Player in den vergangenen Spielzeiten. Leider zu selten am Brett zu finden, u. a. wegen anderer FIDE Verpflichtungen. Auf dem Papier nutzte er uns (leider) wenig. Deshalb die schwere Entscheidung ihn nicht zu melden. Wir wollen in der kommenden Saison Spieler haben, die uns auch zur Verfügung stehen. Der Spielerkader ist so ausgerichtet, dass der SC Kreuzberg in puncto Mannschaftsaufstellung diesmal schwer auszurechnen sein dürfte.

  Redaktion:
  An Brett 6 folgt mit Atila Figura (2407) ein Spieler aus dem eigenen Nachwuchs. Geht man davon aus, dass an den vorderen Brettern der ein oder andere Spieler mal ausfällt, ist dies für seine erste Bundesligasaison schon ein recht hohes Brett. Welche Leistungen trauen Sie ihm zu?

  Jacobs:

  Wir bieten unserem größten Talent die Chance sich weiter zu entwickeln. Er ist jung, ehrgeizig und wird stets exzellent vorbereitet in seine Spiele gehen. Davon sind wir überzeugt! Wir trauen ihm da einiges zu, auch so manche Überraschung. Selbiges gilt auch für Vladimir Schilow und Michael Richter. Wir haben mit diesen dreien eine erfolgshungrige Mittelfeldachse.

  Redaktion:
  Und sein Trainer Sergey Kalinitschew (2456) ist nur noch Ersatzspieler?

  Jacobs:

  Nööööö ..., in der vergangenen Saison musste ich mir von verschiedenen Seiten des Öfteren negative Kommentare über Raj Tischbierek und Sergey Kalinitschew anhören. Kleines Beispiel gefälligst? 'Die spielen eine Sch..., schmeiß die doch aus der Mannschaft!'. So was tut mir persönlich weh und haben sie nicht verdient. Beide hatten das Pech wesentlich höher zu spielen als geplant war und haben leider Tribut zollen müssen.
  Ich verrate nicht zu viel wenn ich sage, dass beide Spieler in der kommenden Saison an den hinteren Brettern zu finden sein werden und durch ihre Erfahrung dort auch Punkte sammeln. Von 'Ersatzspielern' kann also keine Rede sein. Raj hat ja immer noch das Problem mit dem Redaktionsschluss seiner Zeitung und da weiß man nicht immer genau, ob er zur Verfügung stehen wird.

  Redaktion:

  Mit Elisabeth Pähtz (2481), der deutschen Nr. 1 bei den Frauen, und Eva Moser (2383), der österreichischen Nr. 1 bei den Frauen, ist Kreuzberg eine der wenigen Bundesligamannschaften mit weiblichen Spielern. Werden Sie auch zum Einsatz kommen?

  Jacobs:
  Alle Spieler die von uns gemeldet wurden sind 'Einsatzgefährdet', wir haben diesmal keine so genannten Karteileichen. Tut mir Leid für die anderen Bundesligamannschaften, damit kann SC Kreuzberg in der kommenden Saison nicht dienen.

  Redaktion:
  Wo wird Kreuzberg seine Heimspiele austragen?

  Jacobs:
  Unsere Heimspiele werden wir im Rathaus Schöneberg austragen. Mir gefällt es mehr wieder näher am Klubheim zu spielen. Marzahn war recht nett, aber wohl mehr ein Auswärtsspiel. Vom Rathaus Schöneberg erwarte ich auch mehr Zuschauerzuspruch aus den eigenen Reihen. Ihr kommt doch hoffentlich alle? Hey, das war ein Ausruf und Aufforderung an die Mitglieder!

  Redaktion:
  Im Heimspiel am 25./26. Oktober 2008 kommt es am 25. Oktober zum Lokalderby gegen die SF Berlin. Ein Vergleich, den man unbedingt gewinnen muss?

  Jacobs:
  In dieser Frage steckt wohl Brisanz. Wir haben 15 Spiele die es zu absolvieren gilt. Einige (wenige) Aufgaben erscheinen unlösbar, andere sind machbar. Das Heimspiel gegen SF Berlin gehört nach meiner Ansicht zur letzteren Kategorie. Mehr habe und will ich auch nicht dazu sagen.

  Redaktion:
  Auch im zweiten Heimspiel am 31.01/01.02.2009 gilt es am 01. Februar die nominell schwächere Mannschaft von Bayern München zu schlagen. Gegen welche Mannschaften muss man darüber hinaus punkten, um den Klassenerhalt zu schaffen?

  Jacobs:
  Dieses habe ich eigentlich mit  der vorigen Frage schon beantwortet. Unlösbar erscheint mir Baden-Baden und ganz schwer Werder Bremen. Alles andere 'geht'. Wir sollten uns daran erinnern das wir in der vergangenen Saison 6 (in Worten: sechs!) mal mit 3,5:4,5 verloren. Wenn wir das drehen oder ein 4:4 daraus machen ist doch alles OK, oder?

  Redaktion:
  Wird es in diesem Jahr eine Liveübertragung der Heimspiele geben?

  Jacobs:
  Der Verein 'Schachbundesliga e.V.' sieht dies zwingend vor. Dies sollte unsere Mitglieder aber nicht davon abhalten, persönlich bei den Heimspielen zu erscheinen. Der entsprechende Aufruf kam schon ein paar Fragen vorher. Wie die Übertragung erfolgt, kann ich nicht sagen.

  Redaktion:
  Die 1. Schachbundesliga hat sich mit Gründung des Vereins „Schachbundesliga e.V.“ vom Deutschen Schachbund losgelöst und versucht den Spielbetrieb zu professionalisieren. Bisher ist dies eher mit zusätzlichen Kosten (z.B. Liveübertragung) und Zeitaufwand verbunden. Ist der Schach-Club Kreuzberg diesen Herausforderungen mittelfristig gewachsen?

  Jacobs:
  Sie muten mir hier als Mannschaftsführer zu, Fragen zu beantworten die eigentlich außerhalb meines Kompetenzbereichs liegen ... Die Schachbundesliga kann gerne versuchen, den Spielbetrieb noch mehr zu professionalisieren. Ob es gelingen wird ist eine andere Sache. Manchmal habe ich den Eindruck, dass einige es gerne sehen würden, wenn diese Liga nur noch aus vier Mannschaften besteht.
  Natürlich wäre der SC Kreuzberg den Herausforderungen gewachsen. Man muss es nur  wollen! Hier ist, nach meiner Meinung, der Vorstand gefordert. Der gibt die Richtung vor und stellt die Weichen.

  Redaktion:
  Ist das Modell „Privatsponsoren“ noch zukunftsfähig oder bedarf es eines gewerblichen Partners?

  Jacobs:
  Noch so eine Frage ... Der SC Kreuzberg hat in der Vergangenheit mit den Privatsponsoren sehr, sehr viel Glück gehabt. Wie lange sie diesem 'Hobby' noch Wohlgesonnen sind wissen nur sie selber. Gewerbliche Sponsoren zu finden ist außerordentlich schwer, gerade in Berlin, wo es unzählige Bundesligamannschaften in vielen Sportarten gibt. Abhängigkeit zu nur einem Sponsor ist immer gefährlich. Sponsoring sollte über einen Hauptsponsor und möglichst vielen Nebensponsoren erfolgen, dann bricht nicht alles sofort zusammen, falls einer die Nerven verliert und aussteigt. Hierbei ist es egal, ob die Sponsoren privat oder gewerblich sind.

  Redaktion:
  Zum Abschluss sei uns noch die obligatorische Frage nach dem Saisonziel erlaubt.

  Jacobs:
  Platz 16 in der Vorsaison lässt keinen Spielraum nach unten, aber jede Menge nach oben! Es wird nicht einfach werden, aber ein einstelliger Tabellenplatz ist das erklärte Ziel und natürlich 'Berliner Meister'.

  Redaktion:
  Herr Jacobs, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.


Kreuzberger Bundesligaaufstellung / Aufstellungen sämtlicher Bundesligamannschaften



Bernd Jacobs (l.) beim Schachspiel gegen Norbert Sprotte.