Bericht zu den Runden 1 und 2 der 1. Bundesliga von Atila Figura
In den ersten beiden Runden waren wir zu Gast bei Werder
Bremen und spielten im Weserstadion. Gegen Turm Emsdetten wiesen wir leichte Elovorteile auf,
weil das Spitzenbrett Mchedlishvili der gegnerischen Mannschaft fehlte. Als
Ersatz dafür ließen sie das große Talent Anish Giri spielen, das am 7. Brett
zum Einsatz kam. Bei uns fehlte nur Bartosz Socko. Dennoch waren wir motiviert
und wollten einige Mannschaftspunkte mitnehmen.
Während der ersten Stunde zeichneten sich gewisse Tendenzen
ab: Gabriels Gegner wiederholte in einer seltenen Variante der
Slawischen Verteidigung die Spielweise von Kramnik aus seiner Blitzpartie gegen
Carlsen im Tal Memorial. Von der Eröffnungswahl etwas überrascht, investierte
unser Spitzenbrett etwas Zeit und wählte eine kraftvolle Fortsetzung, die ihm
nach präzisem Spiel Vorteil einbrachte. Andrei
wählte gegen die spanische Abtauschvariante eine
etwas seltenere, aber vollkommen gesunde Variante, bei der ein Spiel
auf Gewinn
gewährleistet ist. Von Vorteil war dabei, dass sein Gegner in
dieser Variante
theoretisch unbewaffnet ist, sodass beide auf ihr
Stellungsverständnis pochten. Andrei wählte gegen die
spanische Abtauschvariante eine
etwas seltenere, aber vollkommen gesunde Variante, bei der ein Spiel
auf Gewinn
gewährleistet ist. Von Vorteil war dabei, dass sein Gegner in
dieser Variante
theoretisch unbewaffnet ist, sodass beide auf ihr
Stellungsverständnis pochten. Am dritten Brett von Thomas kam es zu einem geschlossenen
Spanier. Nachdem beide ihre Theoriekenntnisse unter Beweis gestellt hatten,
wurde auch hier das Stellungsverständnis gefordert. Durch gutes Spiel erhielt
Thomas die klar bessere Stellung. Davit produzierte den schärfsten Kampf im einzigen offenen
Sizilianer in diesem Mannschaftskampf. Er überraschte seinen Gegner mit einer
seltenen Variante und verzögerte obendrein die Rochade. Infolge dessen ließ
sich sein Gegner zu einem chancenreichen Figurenopfer verführen, wobei eine
schwer einzuschätzende Stellung aufs Brett kam. Am fünften Brett wählte ihr Autor gegen die Königsindische
Verteidigung in der klassischen Variante eine etwas seltenere Variante, die
sein Gegner nicht kannte. Daher verbrauchte er einiges an Bedenkzeit, ehe er
sich für eine riskante Variante entschied, bei der die Dame in eine
Abseitsposition gerät. Ich versuchte per Bauernopfer daraus Profit zu ziehen
und verschärfte somit die Angelegenheit beträchtlich. Michael konnte seine Vorbereitung für einen seiner Schüler
aufs Brett bringen und bekam aus der Eröffnung heraus eine vielversprechende
Stellung. Sergej hatte die unangenehme Aufgabe das Jungtalent Anish
Giri zu bearbeiten. Er wählte die positionelle Englische Eröffnung, die in den
Maroczy-Aufbau mündete. Sein junger Gegner wies ein gutes Stellungsverständnis
auf und löste erfolgreich seine Eröffnungsprobleme. Bei unserem Raj sah es lange Zeit danach aus, als würde er
kampflos gewinnen. Mit über einer halben Stunde Verspätung erschien sein
Gegner. Raj wählte die solide Schlechter-Variante, bei der er eine etwas
schlechtere Stellung erhielt. Im Großen und Ganzen sah es am Anfang also recht
vielversprechend aus. Wenige gingen Risiken ein und die meisten suchten ihr
Glück im positionellen Kampf.
Zwischen der zweiten und der dritten Stunde gab es dann das
erste Ergebnis, der Führungstreffer! Am fünften Brett tappte mein Gegner in eine kleine Falle
hinein, in deren Folge eine Figur verloren ging. Damit führten wir nun mit 1:0. In der Zwischenzeit verspielte Thomas seine aussichtsreiche
Stellung und musste sich mit einem Remis zufrieden geben. Bald darauf einigte sich auch Raj auf ein Remis, der mit
wenig Zeit auf der Uhr eine vielleicht etwas bessere Stellung hatte. Auch Andrei wollte kein Risiko eingehen und entschied sich
für das Remis, wobei auch er mit weniger Zeit die etwas bessere Stellung besaß. Somit stand es 2,5:1,5. Gabriel hatte mittlerweile seinem
Gegner die Qualität abgeknöpft und spielte risikolos auf Gewinn. Auch Michael
hat seinen Gegner vollkommen überspielt. Nur bei Davit und Sergej
sah es
kritisch aus, wobei Letzterer durch sein schnelles Spielen seinen
Gegner unter
Bredouille gebracht hatte und nach der Zeitkontrolle plötzlich
besser stand. Bei Davit gab es eine zweischneidige Stellung in
beiderseitiger Zeitnotphase. In der nervösen Zeitnotschlacht
verpassten beide
Seiten gute Chancen, wobei Davit eine wahrscheinlich
gewinnträchtige
Möglichkeit übersah. Kurz vor der Zeitkontrolle schwenkte er
in eine Remisschaukel,
die sein Gegner optimistisch zunächst ablehnt und sich dadurch
selber in Gefahr
bringt. Nachdem die 40 Züge gemacht worden sind, haben beide
nichts Besseres
als das Remis gesehen. Daher stand es bereits 3:2 für uns.
Der Status quo der drei letzten Partien sah wie folgt aus: Gabriel hatte eine Qualität mehr und spielt risikolos auf
Gewinn. Michael hatte in der Zeitnotphase seine Gewinnstellung verspielt, stand
aber mit einem Mehrbauern weiterhin besser. Nur noch Sergej
hat nach der
Zeitnotphase seines Gegners etwas fahrlässig gespielt und kam so
zu einer etwas
gedrückten Stellung, sodass wir noch einmal etwas zittern
mussten. Aber Sergej hielt den Druck seines jungen Gegners stand;
kurz darauf einigten Michael und Gabriel sich auf ein Remis und machten
somit
den knappen aber hochverdienten 4,5:3,5-Sieg perfekt.
Nachher feierten wir dann unseren Sieg bei einem
Mannschaftssieg in einem griechischen Restaurant. Am nächsten Tag traten wir gegen die hochfavorisierte
Mannschaft Werder Bremen an.
Erneut waren Tendenzen deutlich erkennbar. Gabriel ging als leichter Favorit an den Start, wurde in
puncto Eröffnungswissen von seinem Gegner mit der verzögerten Abtauschvariante
in der Spanischen Partie ausgebremst. Zwar hatte er keinerlei Probleme, aber
die gegnerische Stellung zu knacken ist in der Regel nicht einfach. Andrei
wählte gegen den klar
favorisierten Pavel Eljanov die solide Katalanische Eröffnung.
Sein Gegner versuchte
eine gewisse Dynamik zu erzeugen und nahm dafür strukturelle
Schwächen in Kauf. In der Französischen Verteidigung
machte Thomas von einem selten gespielten Abspiel Gebrauch, sodass sein Gegner
schon frühzeitig zum selbstständigen Denken verpflichtet wurde. Nach einer
Neuerung von seinem Opponenten entstand eine komplizierte Stellung mit
beiderseitigen Chancen. Davit bevorzugte ein seltenes
Abspiel in der Grünfeldindischen Verteidigung. Er bekam einen Mehrbauern, aber
das Vorhandensein der ungleichfarbigen Läufer war ein klarer Hinweis auf hohes
Remispotenzial. Am fünften Brett wurde ihr Autor von
seinem Gegner auspräpariert und sah sich somit schon frühzeitig mit großen
Schwierigkeiten konfrontiert. Eine klare Niederlage bahnte sich an. Dafür sah es bei Michael bedeutend
erfreulicher aus, denn sein Gegner Babula kannte sich in einer bekannten
Theoriestellung nicht aus und verbrauchte viel Bedenkzeit in der Anfangsphase. Sergej hatte in der Eröffnung
gewisse Raumprobleme, sodass er zugunsten einer Bauernschwäche seine Stellung
befreite und nunmehr eine etwas schlechtere Position besaß. Raj bekam von seinem Gegner die
seltene Nimzowitsch Verteidigung auf dem Servierteller präsentiert. Diese
passive Spielweise von Rainer Knaak sicherte unserem Raj eine bessere Stellung
mit guten Angriffsperspektiven. Somit gab es bei einer
vorhersehbaren Niederlage einige gutstehende Bretter.
In den nächsten beiden Stunden
erzielte sodann Michael den Führungstreffer. Sein Gegner lief direkt in eine
Eröffnungsfalle hinein. Davit konnte seinen Mehrbauern
nicht ummünzen und gab sich mit einem Remis zufrieden. Sergej hielt seine
Stellung souverän und bekam ein verdientes Remis. Bald darauf musste ich als
erster Kreuzberger in der jungen Bundesligasaison das Handtuch werfen. Somit
stand es bereits 2:2. Mittlerweile konnte Andrei die
strukturellen Schwächen seines Gegners ausnutzen und verbuchte bereits einen
Mehrbauern. Raj beschloss auf Gewinn zu
spielen und stellte in einer klar besseren Stellung mit wenig Zeit einfach eine
Figur ein, sodass er bald die Waffen streckte. Währenddessen erzielte Thomas ein
wichtiges Schwarzremis und Andrei konnte den Verlust von Raj ausgleichen, indem
er seinerseits gewann. Stand: 3,5:3,5. Nun spielte nur noch Gabriel, der nach der Zeitnotphase leichte Vorteile
besaß. Er schaffte am Ende zwar nur ein Remis, aber das resultierende Ergebnis
von 4:4 ist doch ein achtbares Ergebnis.