4. und 5. Runde in der 2. Bundesliga: Kreuzberg mit harten Kämpfen bei Wolfhagen und Werder Bremen II

Intensive Vorbereitung Freitagnacht

Schach ist bekanntlich ein fabelhaftes Spiel. Und so sollte es sich begeben, dass im schneebedeckten Winterwunderland Nordhessen, der „Gebrüder Grimm Region“, an diesem Januarwochenende vom 11. und 12.01 ganz traumhaftes Schach gespielt wurde. Wir von der 1. Mannschaft des SCK hofften auf ein Wintermärchen gegen ein höchstkarätig besetztes Wolfhagen und ein ebenfalls favorisiertes Werder Bremen II. Gerade letzteres Match hatte dabei hohe Relevanz für unseren Kampf um den Klassenerhalt.

Es stand also einiges auf dem Spiel, das war uns klar. Und was war dann, nach langer abendlicher Anreise am Freitagabend, eine unserer ersten Amtshandlungen? Schneeballschlachten und Rodeln! Natürlich wurde auch fleißig vorbereitet, aber der Spaß kam bei dieser Doppelrunde nicht zu kurz.

Samstag: Wolfhagen

Bei schönstem Wetter sollten wir also in der Stadthalle Wolfhagen aufspielen. Insgesamt 4 hochkarätig besetzte Mannschaftskämpfe aus der Oberliga und 2. Bundesliga fanden parallel statt, was auch einige Zuschauer anzog. Die Aufstellung der Wolfhager verriet, dass sie im Gegensatz zu uns nicht um den Klassenerhalt kämpfen müssen: 7 GM und ein IM mit fast 2500 Elo, davon zwei Spieler aus den Top 100 der Welt. Die Wolfhager, welche seit ca. 10 Jahren konstant von Liga zu Liga aufgestiegen waren, waren von Saisonbeginn an großer Favorit für den Aufstieg in die 1. Bundesliga. Unsere Erwartung war daher eher mäßig, aber schon ein ganzer Punkt wäre eine Steigerung gegenüber unserem Match aus Runde 1 gegen die Schachfreunde.

Es ging wie erwartet los: An Brett 8 verlor Constantin schnell nach fragwürdigen Französischflausen – es ist kein gutes Zeichen, wenn der Gegner nach einer vermeintlichen „Eröffnungsüberraschung“ eine Minute nach rechts oben schaut und die mit Abstand beste Antwort erinnert. Aaron an Brett 5 erreichte wie schon gegen die Schachfreunde ein souveränes Remis mit Weiß nach gekonnter Abwicklung in ein todsicheres Turmendspiel.

Namensverwandter Aron hatte an Brett 2 weniger Glück und erreichte zwar eine solide Auffangstellung aus Eröffnung, aber opferte quasi seine gesamte Bedenkzeit auf und lebte vom Inkrement, während sein Gegner GM Kuzubov mehr Zeit als zu Beginn der Partie hatte. Dieser probte tiefenentspannt etliche Züge und Manöver, fand kurz vor dem 40. Zug eine findige Taktik und gewann eine Qualität in besserer Stellung.

Spielort in Wolfhagen (nahe Kassel)
Brett 3: Dathe – Onischuk. Freddy leitet gerade seinen Angriff ein, der mit Sxf5, Dg4, Ld4, und später noch Se4 weitergeht.

Apropos Zeitnot: In den übrigen 5 Partien wurden mit wenigen Minuten auf der Uhr völlig offene Feldschlachten mit unklarem Ausgang geschlagen. Die einzige Ausnahme war Freddy, welcher eine meisterhafte Partie gegen GM Onischuk spielte. Sein Gegner spielte in schlechterer Stellung zweischneidig auf Sieg, was Freddy mit einem sauber berechnetem Qualitätsopfer beantwortete, welches ihm Königsangriff, den Gewinn von zwei glatten Bauern und eine Abwicklung ins Endspiel belohnt (siehe Diagramm).  Dies sollte Freddy dabei nicht den vollen Punkt, sondern auch einer Leibesvisitation durch die Schiedsrichter einbringen, welche allerdings bis auf ein Deo im Rucksack keine verdächtigen Gegenstände finden konnten. Allgemeine Erheiterung. Hätte er eine Engine benutzt, wäre ihm wahrscheinlich im 26. Zug das geniale Sd5!! nicht entgangen (Partie auf Lichess), was für Normalsterbliche aber praktisch nicht zu berechnen ist.  Obendrein darf sich Freddy durch diesen Sieg aller Voraussicht nach auch auf den FM-Titel freuen. Die Daumen sind gedrückt, dass es schon reicht!

Die weiteren Partien sahen leider weniger gut für uns aus: Nach kompliziertem Eröffnungskampf mit einem taktischen Schlagabtausch musste sich Bastien an Brett 4 geschlagen geben. Micha setzte sich an Brett 7 gegen starkes Eröffnungsspiel seines Gegners leidlich zur Wehr, zog dann aber in den Vereinfachungen kurz vor Zug 40 den Kürzeren. Julian erreichte aus der Eröffnung komfortabel Ausgleich, aber die Klasse seines Gegners zeigte sich im in Zeitnot aufkommenden Endspiel, bis letztlich ein Springer das Zeitliche segnete.

Glantz – Volokitin. Robert fand mit Kf5! die korrekte Fortsetzung. Kf6? verliert gegen .. Kf4! von Schwarz

Spektakulär war hingegen die Verteidigungsleistung von Robert gegen die Nummer 87 der Welt, GM Volokitin, welche sich über fünf Stunden hinzog. Diese Anstrengungen wurden mit einem völlig ausgeglichenen Läuferendspiel belohnt, doch der Weltklassegegner versuchte sein Möglichstes und vereinfachte in ein Bauernenspiel, in dem er sich schon siegessicher wähnte. Robert zeigte seine exquisiten Endspielkünste, erreichte die Diagrammstellung und bewegte seinen König auf das korrekte Feld. Erst nach beidseitiger Umwandlung und Damentausch sah sein Gegner dann ein, dass zwei Könige sich nicht gegenseitig Matt setzen können – Remis. Und trotz Matchverlust insgesamt 2 sehr respektable Brettpunkte für Kreuzberg. Ergebnisse Runde 4 beim Ergebnisdienst

Sonntag: Werder Bremen II

Nach konzentrierter Vorbereitung am Vorabend ohne wildes Tollen im Schnee machte sich unser verschlafenes Team auf in den Kampf gegen Werder Bremen II. Beide Mannschaften traten mehrheitlich im formschönen Vereinsdress auf (siehe Mannschaftsbild unten, noch sind Restbestände zu haben).

Für die 5. Runde waren unsere Erwartungen höher, und es entwickelten sich wie erhofft ähnlich spannende und offene Partien wie gegen Wolfhagen. Diesmal erwischte das „Französisch-Roulette“ Micha an Brett 7 mit Schwarz: Wieder kannte sich sein Gegner gut in der Eröffnung aus und ein einziger Fehltritt erlaubte seinem Gegner einen unaufhaltbaren Mattangriff. 0:1. Constantin leitete wie üblich ab Zug 5 einen chaotischen Kampf ein, fand aber nach zwei Fehlern seines Gegners die bessere Abwicklung ins Mittel- und dann Endspiel, in dem alle gegnerischen Figuren dominiert waren und ein Randbauer munter durchlief. 1:1. Aron hatte an Brett 2 mit Weiß im Franzosen imposantes Figurenspiel entwickelt, konnte aber dem gedoppelten Freibauern im Zentrum seines Gegners nicht beikommen. 1:2. Bastien erreichte mit Weiß ein solides Remis, während Julian aus ebenfalls solider Stellung mit Schwarz leider verlor. Vielleicht wirkten bei einigen von uns noch die Kopftreffer von Schneebällen nach, die wir uns Freitag eingehandelt hatten. So oder so, es stand inzwischen 1,5:3,5 – eine weitere Niederlage konnten wir uns nicht erlauben.

Brett 5: Aaron kämpft im Endspiel um den Sieg – Damen und ungleichfarbige Läufer erschwerten dies ungemein.

Es verblieben noch Robert, Aaron und Freddy. Robert verzauberte uns erneut und verwandelte seine Bauernübermacht in einem Endspiel mit ungleichfarbigen Läufern in einen vollen Punkt – dank dieses Schwarzsieges blieben wir mit 2,5:3,5 dran. Ungleichfarbige Läufer waren auch bei Aaron auf dem Brett – ebenso Damen und ein Mehrbauer! Er versuchte in seiner 5,5h Partie alles, musste aber am Ende doch ein Dauerschach zulassen. Remis. Zwischendurch hatte leider auch Freddy an Brett 3 wegen eines übersehenen Damenzugs seine vielversprechende Partie in ein verlorenes Endspiel abwickeln müssen und damit das Endergebnis von 3:5 besiegelt. Dies bedeutete Matchverlust und den letzten Tabellenplatz für uns. Parallel hatte Wolfhagen knapp die Schachfreunde im Spitzenmatch geschlagen und feierte schon den Aufstieg vor. Ergebnisse Runde 5 beim Ergebnisdienst

Fazit: Wir haben dieses Wochenende zwar deutlich über unsere Elo-Verhältnisse gespielt, aber leider auch nicht das benötigte Wintermärchen erreicht. Für uns Amateure war es wirklich eine gute Leistung gegen immerhin 8 GM, 6 IM und 2 FM.  Statistisch hätten wir für das gesamte Wochenende 3 Brettpunkte erwartet, haben aber nicht zuletzt dank Freddys Glanz- und Roberts „Glantz“leistung 5 Punkte geholt. Beachtenswert ist auch die Solidität von Aaron, der diese Saison konsequent 50% der Punkte gegen jeden noch so starken Gegner erarbeitet. Trotz letztem Platz und harter Partien war die Stimmung auf der Rückfahrt gut. Wir hatten eine Menge Spaß bei der Sache und hoffen, diese Stimmung in die weiteren Wettkämpfe der Saison mitnehmen zu können.

Die Mannschaft voller Vorfreude vor der 1. Runde (mit Maskottchen)

 

1 Gedanke zu „4. und 5. Runde in der 2. Bundesliga: Kreuzberg mit harten Kämpfen bei Wolfhagen und Werder Bremen II“

  1. Danke für den schönen Bericht – da sitzt man ja fast selbst mit am Brett. Das Maskottchen scheint aber nicht ganz bei der Sache zu sein, vielleicht könnte man da noch etwas “nachschärfen”, vielleicht klappt es dann auch mal mit den Punkten :-)

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