Nachruf

Tief erschüttert hat uns die Nachricht, dass uns unser Freund, Vereinsmitglied, Spieler und Jugendtrainer

Wilhelm Schlemermeyer

schlemermeyer_wilhelm_2010
15.07.1958 - 25.08.2010

unerwartet verlassen hat. Wilhelm war ein immer freundlicher, aufmerksamer, bescheidener und kluger Mensch, den wir sehr vermissen. Er hinterlässt in jeder Hinsicht eine schmerzliche Lücke.

Wilhelm Schlemermeyer wurde am 15. Juli 1958 in Nienburg geboren. Das Schachspiel lernte er von seinem Vater Wilhelm und war schon als Jugendlicher beim Schachclub in Nienburg aktiv.

Nach dem Abitur studierte er zunächst in Marburg und Berlin, dann Soziologie in Oldenburg. Mit der Einführung der Schachbundesliga wurde Wilhelm 1980 beim Delmenhorster SK engagiert. Von 1989-1997 spielte Wilhelm zusammen mit Holger Meyer, Kai Tielemann-Wesseln (beide leider ebenfalls viel zu jung verstorben) und dem damaligen Delmenhorster Martin Breutigam in einer Mannschaft. Letzterer beschreibt ihn als „feinsinnigen Menschen, der gerne über komplexe Zusammenhänge nachdachte und immer ein aufrichtiges Interesse an anderen Menschen hatte.“

Während seiner Arbeit bei einem Nachrichtensender kritisierte Wilhelm den Umgang der Unternehmensführung mit den Mitarbeitern. Dieses Eintreten für eigene Überzeugungen und Meinungen trotz persönlicher Risiken zeichnete ihn immer aus.

Wilhelm Schlemermeyer in seinen jungen Jahren.
Wilhelm Schlemermeyer in seinen jungen Jahren.
Wilhelm Schlemermeyer in seinen jungen Jahren.
Wilhelm Schlemermeyer in seinen jungen Jahren.

Danach zog es ihn zu den Schachfreunden Neukölln (jetzt SF Berlin), wo er bis 2001 Mitglied war. Seitdem war er Mitglied im Schach-Club Kreuzberg, wo Wilhelm die Mannschaft in der 2. Bundesliga verstärkte.

Meine erste Begegnung mit ihm war anlässlich eines Mannschaftskampfes. Als Dreikäsehoch war ich am Kiebitzen bei unserer 1. Mannschaft. Ich weiß nicht, ob es sich um die Oberliga oder die 2. Bundesliga handelte. In Erinnerung blieb mir, dass ein Kreuzberger mir ins Ohr flüsterte, dass Wilhelm die Maroczy-Struktur stark zu behandeln wusste und ein starker positioneller Spieler sei. Fortan bewunderte ich seine positionelle Spielweise. Diese Partie konnte er siegreich beenden. Ich vermute, dass es sich um folgende Partie handelte:

Schlemermeyer,Wilhelm (2340) – Fries Nielsen,Jens Ove (2450) [A25]

BL2-Nord 0304 Germany, 2004

1.g3 e5 2.c4 Sc6 3.Lg2 f5 4.Sc3 Sf6 5.e3 Le7 6.d4 0–0 7.dxe5 Sxe5 8.Sge2 c6 9.b3 d6 10.0–0 Le6 11.Sd4 Ld7 12.Dc2 Sh5 13.Lb2 De8 14.Tae1 Dg6 15.Sce2 Tae8 16.h3 Dh6 17.Sf4 Ld8 18.Td1 Lc7 19.La3 Lc8 20.Td2 Sxf4 21.exf4 Sg6 22.Sf3 Sh8 23.Tfd1 Sf7 24.h4 Td8 25.Dc3 Tfe8 26.Lb2

Nachruf1

Te7 27.Lh3 Tf8 28.La3 Tfe8 29.Sd4 Df6 30.Lb2 Sh6 31.Dc2 Te1+ 32.Lf1 Txd1 33.Dxd1 Df7 34.Sf3 De7?

Nachruf2

35.Te2 Df8 36.Txe8 Dxe8 37.Dd4 De7 38.Dxa7 Sg4 39.Dd4 Sf6 40.Kg2 Ld7 41.Dd3 Se4 42.Sd4 Df7 43.Le2 Ld8 44.Lf3 Sc5 45.De3 Lf6 46.La3 Le7 47.Kf1 Lf8 48.Lb2 h6 49.Sc2 Kh7 50.Dd2 De8 51.De2 Da8 52.La3 Kg8 53.Lxc5 dxc5 54.Se3 De8 55.Dd3 Df7 56.Lh5 Dxh5 57.Dxd7 Df7 58.Dxf7+ Kxf7 59.Sxf5 h5 60.Ke2 Kf6 61.Se3 Ld6 62.Kf3 Lc7 63.Ke4 La5 64.f5 Le1 65.Sg2 Lxf2 66.Sf4 Kf7 67.Kf3 Ld4 68.Sxh5 Lc3 69.Sf4 Lf6 70.Ke4 Le7 71.Sg6 Ld8 72.g4 Lc7 73.Se5+ Ke8 74.g5 Ke7 75.h5 1–0

Ehrenamtlich engagierte er sich zeitweise als Lehrwart und bereicherte unseren Verein mit innovativen Ideen. Seit 2004 betrieb er seine Trainertätigkeit und erhöhte damit sukzessiv die Trainingsstunden von 2-mal monatlich bis hin zu einem wöchentlichen Training. Sein Trainingsmaterial stellte er frei zur Verfügung, sodass man trotz verpassten Trainings von seinem qualitativ hochwertigen Material profitieren konnte. Bis zuletzt arbeitete er an seiner herausragenden Website:

www.schachfieber.de

Wilhelm konnte in den Jahren 2006 und 2009 Vereinsmeister werden und setzte mit seinem Sieg in der Berliner Schnellschacheinzelmeisterschaft 2009 noch ein Sahnehäubchen drauf! In den Mannschaftskämpfen erwies er sich stets als wichtige Stütze und fast immer war Wilhelm eine Punktemaschine!

Noch wichtiger dürften ihm jedoch seine Trainerscheine gewesen sein. 2008 begann er mit der B-Trainerausbildung. Bereits im nächsten Jahr folgte sein Bestehen der A-Trainerausbildung, wo er seine herausragende Arbeit über die „Legende der Steinitz-Theorie“ erstellte. Damit erwarb sich Wilhelm den FIDE-Trainerschein. Mit seinen Trainerscheinen konnte er für sein Training ein halbwegs angemessenes Honorar verlangen und damit einen Teil seines Lebensunterhaltes verdienen. Weitere Einkünfte erzielte er mit dem Schreiben von Rezensionen.

Trotz oftmals gesundheitlicher Probleme unterstützte Wilhelm uns auch und gerade in den schlechten Zeiten als Webmaster, wo er auch in seinen letzten Tagen aktiv war.

Kurz vor seinem Tod setzte er noch eine Nachricht auf unsere Homepage, in der er ankündigte, dass sein Fortgeschrittenen-Training wegen Krankheit bis auf Weiteres ausfällt.

Etwa eine Stunde später starb er zuhause eines natürlichen Todes. Ach Wilhelm, es war eine schöne Zeit mit Dir!

Ruhe in Frieden

Schach-Club Kreuzberg e. V.

Atila Gajo Figura

4 Gedanken zu „Nachruf“

  1. Die traurige Nachricht von Holger Meyers Tod habe ich am 9.Dezember 2008 erhalten. Dort hieß es, er wäre „einige Tage zuvor“ an Hautkrebs gestorben.
    Otto Borik

  2. Lieber Atila,
    vielen Dank für deine passenden Worte. Ich bin immer noch fassungslos angesichts des plötzlichen Verlustes.
    Stefan

  3. ‎”In all den Jahren haben wir immer nur über Kunst und Philosophie, Politik, Kultur und Essen gesprochen. Wir wissen nichts voneinander.” So etwa sterben die meisten Menschen. Hingegen jeder leidenschaftliche Schachspieler stirbt, als wäre er Weltliteratur von Dostojewski.

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