Berliner Schachgeschichte(n), Ausgabe 7

Einige Protagonisten des Antisemitismus im Schach

Franz Gutmayer, ein österreichischer Schachschriftsteller und Morphy-Fan, dessen vor Beginn der Weimarer Republik veröffentlichte Bücher weite Verbreitung fanden, hetzte gern antisemitisch und unterschied zwei Spielstile: „Der erste: Wille zur Macht und Übermacht mit der Tendenz, das feindliche Spiel zu zerschlagen. Der andere: Wille zum koscheren Geschäft mit der Tendenz, jedenfalls sicher zu gehen. Kein Risiko, lieber zehnmal ein ekelhaft feiges Remis. Daher nur machen, was man genau sieht. Horizont: Die eigene krumme Nase. Perspektive: Ein fettes Honorar.“

Sein bekanntester antisemitischer Epigone war kein Geringerer als der Schachweltmeister Alexander Aljechin, der 1941 in einer in Paris erscheinenden Zeitung, nachgedruckt im British Chess Magazine und der Deutschen Schachzeitung, mit einer Serie von Artikeln nachlegte. Titel: „Jüdisches und arisches Schach“.

Emil Joseph Diemer entwarf 1943 mit seinem Aufsatz in der Deutschen Schachzeitung „Schach – Kampf und Kunst“ eine ideologische Rechtfertigung für die Theorie eines „deutschen Kampfschachs“. Den in Kellern Schutz vor Luftangriffen Suchenden und den an der Front eingesetzten Schachspielern war dies wohl kein Leitfaden mehr, denn in der Zeit des „totalen Kriegseinsatzes“ waren im ganzen Reich alle Schachveranstaltungen eingestellt. Auch Ehrhardt Post, dem Bundesgeschäftsführer des GDSB, vermutlich mehr rühriger Schachorganisator als Nazi, gingen Diemers Aussagen zu weit. Der Miterfinder des Blackmar-Diemer-Gambits manövrierte sich mit seinen Auffassungen nach dem Krieg mehr und mehr ins Abseits. (27)

2 Gedanken zu „Berliner Schachgeschichte(n), Ausgabe 7“

  1. Ganz tolle Arbeit und Riesenkompliment an Andreas Lange! Was man immer noch so alles erfährt, was ab 1933 (bis Kriegsende) so abging in Deutschland, das ist schon “sensationell bedenklich”. Man muss sich weiterhin schämen und wundern, dass es den Landesnamen weiterhin so gibt. Hätte man das nicht umbenennen können?

    Es ist eigentlich schwer , sich vorzustellen, wie auf einmal eine solche Vielzahl von (vermutlich sogar) intelligenten Menschen sich einer solchen Hetzjagd anschließen konnten?! Jegliche Menschlichkeit wurde unter den Tisch gekehrt. Und eine fast ebenso große Menge wollte sich im Anschluss rausreden mit “hab ich doch nur mitgemacht, weil es alle mitgemacht haben” und “davon habe ich ja gar nichts gewusst”? Das passt irgendwie nicht.

    Allerdings wollte ich hier gar nicht politisch werden sondern nur die gute Arbeit loben, einschließlich der rein schachlichen Inhalte, welche durchaus unterhaltsam und teils hochwertig waren. Ebenso schön, alte Tabellen zu finden und hier und da einen Namen wieder zu erkennen. Klasse!

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