Berliner Schachgeschichte(n), Ausgabe 8

Der Vorsitzende erörterte zunächst die Vergangenheit der beiden Angeklagten, nachdem er sie in eindringlichster Weise zur Wahrheit ermahnt hatte. Werner gab an, daß er der Sohn eines Kürschners sei. Sein Vater sei 1894 gestorben.

Vors.: Waren Sie damals schon eingesegnet?

Angekl.: Nein.

Vors.: Haben Sie die Schule alle Klassen hindurch besucht?

Angekl.: Ich kam bis zur ersten Klasse.

Vors.: Was wurde aus Ihnen nach Ihrer Einsegnung?

Angekl.: Ich kam als Schreiberlehrling zum Justizrat Levy.

Vors.: Wie lange blieben Sie dort?

Angekl.: Bis Anfang 1896.

Vors.: Und warum kamen Sie dort fort?

Angekl.: Weil ich die Gummischuhe gestohlen hatte.

Vors.: Wo fanden Sie dann Stellung?

Angekl.: Beim Rechtsanwalt Golde.

Vors.: Wie lange blieben Sie dort?

Angekl.: Bis Mai dieses Jahres.

Vors.: Wurden Sie dann entlassen?

Angekl.: Nein, ich ging.

Vors.: Warum?

Angekl.: Ich verdiente nur 30 Mark monatlich.

Vors.: Mußten Sie dies Geld Ihrer Mutter abgeben?

Angekl.: Jawohl, ich behielt gar nichts für mich.

Vors.: Sie wurden alsdann Laufbursche in verschiedenen Geschäften, bis Sie anfangs September außer Stellung kamen?

Angekl.: Ja.

Vors.; Angeklagter Grosse, Sie sind der Sohn eines Postschaffners?

Angekl.: Ja.

Vors.: Wann starb Ihr Vater?

Angekl.: Als ich 10 Jahre alt war.

Vors.: Sie haben einen schlechten Gang?

Angekl.: Ja, ich hatte als Kind die englische Krankheit

Vors.: Sie kamen, ebenso wie Werner, nach Ihrer Einsegnung zu einem Rechtsanwalt?

Angekl.: Ja.

Vors.: Sie nahmen alsdann Stellung als Laufbursche?

Angekl.: Jawohl.

Werner gab sodann zu, eines Tages von dem Korridor der Wohnung des Justizrats Levy ein Paar Gummischuhe gestohlen zu haben«.

Auch den Diebstahl gegen die Firma gaben beide Angeklagte zu. Werner hatte gehört, daß einmal ein Diebstahl an einer Kassette der elektrischen Rundbahn vorgekommen war. Beide hatten sich verabredet, auch einen solchen Diebstahl zu begehen und haben ihn ausgeführt, als Werner bei dem Transport der Kassetten nach der Fabrik beschäftigt war. Dabei entwendete Grosse eine Kassette und verschwand damit. Werner behauptete, daß etwa 100 Mark in Zehnpfennigstücken in der Kassette enthalten gewesen seien, und sie sich beide den Raub »nach ungefährem Gewicht« geteilt hätten.

Die übrigen Diebstähle gaben beide Angeklagte zu. Werner wendete sich gegen die Behauptung der Anklage, daß Grosse sich zu den Diebstählen bei dem Rechtsanwalt Golde erst durch Zureden habe bewegen lassen. Er versicherte, daß Grosse sich ohne weiteres dazu bereit erklärt habe. Grosse behauptete, daß er aus freien Stücken von der Tat Abstand genommen habe.

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