Puh, das war knapp! Etwas glücklich hatten wir heute im Wettkampf gegen den Abstiegskonkurrenten und Tabellenletzten aus Göttingen nach gefühlten sechs Stunden mit 4,5 : 3,5 schließlich die Nase vorn. Am Ende schaffte Norbert das schier Unmögliche und hielt mit dem blanken König gegen Läufer und Springer remis. (siehe Foto links)
SC Kreuzberg 4½-3½ Tempo Göttingen
Figura,Atila ½ : ½ Solleveld,Dr.Maarten
Tischbierek,Raj 0 : 1 Markgraf,Alexander
Glienke,Dr.Manfred ½ : ½ Rezasade,Amir
Schlemermeyer,Wilhelm ½ : ½ Sawatzki,Frank
Dyballa,Markus ½ : ½ Buchenau,Frank
Mattick,Lutz 1 : 0 Priebe,Jan
Holzapfel,Daniel 1 : 0 Holloway,Timo
Sprotte,Norbert ½ : ½ Petzold,Golo
Tempo Göttingen ist mit dieser Niederlage bereits abgestiegen. Etwas schade, denn die sympathischen Niedersachsen haben eigentlich eine starke Mannschaft. Doch in dieser Saison hatten sie einige Male Pech und konnten zudem kaum mit der besten Aufstellung antreten. So auch heute. Während an den ersten Brettern eher Göttingen Elovorteile aufwies, waren wir an den hinteren Brettern besser besetzt. Das spiegelt sich auch im Ergebnis. Vorne verloren wir eine Partie, hinten gewannen wir zwei.
Das erste Remis wurde an Brett 3 zwischen Manfred Glienke und Amir Rezasade vereinbart. Es folgten Punkteteilungen an Brett 1 zwischen Atila Gajo Figura und Maarten Solleveld, einem starken Internationalen Meister aus den Niederlanden, sowie an Brett 4 zwischen Wilhelm Schlemermeyer und Frank Sawatzki. An Brett 2 musste sich Raj Tischbierek gegen Alexander Markgraf geschlagen geben.
Trotzdem entwickelte sich der Wettkampf zu unseren Gunsten. An Brett 5 hatte Lutz Mattick nach vielen “schwarzen” Sonntagen endlich einmal Weiß und gewann gegen Jan Priebe. Und an Brett 6 gelang Daniel Holzapfel bereits der dritte Sieg in dieser Saison (ohne Niederlage) gegen Timo Holloway. Der junge Göttinger lehnte in ausgeglichener Stellung zunächst Remis ab, verlor dann aber zwei Bauern und überschritt die Zeit.
Damit hatten wir +1 und an Brett 5 eine sehr gute Stellung von Markus Dyballa, der endlich wieder einmal spielen konnte, gegen Frank Buchenau. Und an Brett 8 eine weniger gute Stellung von Norbert Sprotte, der sich gegen Golo Petzold in das Endspiel “König gegen König, Läufer und Springer” retten musste. Doch dann begann das lange Zittern. Markus entglitt der schon sicher geglaubte Punkt und musste schließlich ins Remis einwilligen. Norberts Gegner zeigte Schwächen im technischen Endspiel. Nach mehr als 30 Zügen ohne Fortschritte endete die Partie mit einem Patt.
Nun ist Nichtgewinnenkönnen mit Läufer und Springer auch schon Großmeistern passiert. Trotzdem ist dies eine gute Gelegenheit, die eigenen Fertigkeiten etwas aufzufrischen (W-Verfahren oder Dreiecksverfahren, darüber diskutierten heute sowohl Göttinger als auch Berliner Spieler und Zuschauer). Stefan Soost hat mich auf die Website von Eckbauer hingewiesen, auf der dieses Endspiel behandelt wird (hier). Und natürlich finden sich auch bei Herderschach von Thomas Binder lehrreiche Hinweise (hier und hier). Siehe außerdem noch hier.
Trotz der zwei Punkte heute haben wir den Klassenerhalt aber noch nicht gesichert. Auch unsere Konkurrenten punkteten. So kommt es in der Schlussrunde am 11. April in Hamburg gegen den SK Norderstedt zu einem echten Finale. Wir benötigen ein Unentschieden, während Norderstedt gewinnen muss. Hier die aktuelle Tabelle.
Tabelle nach acht von neun Runden
1. Delmenhorster SK 12 Mannschaftspunkte 38 Brettpunkte
2. SC Neukloster 12 37
3. Lübecker SV 10 36½
4. SK Zehlendorf 8 33
5. Hamburger SK II 8 31
6. Schachfreunde Be 7 33
7. SC Kreuzberg 7 31½
8. SK Norderstedt 7 27
9. Königsspringer Hamburg 6 27
10. Tempo Göttingen 3 26
Wilhelm Schlemermeyer (21. März 2010)
Anlässlich des Endspiels “König gegen König, Läufer und Springer” zwei Zitate aus bekannten Endspielbüchern.
Zuerst Jeremy Silman, der in seinem preisgekrönten “Silmans Endspielkurs. Vom Anfänger zum Meister” (“Silman’s Complete Endgame Course”) schreibt:
“Wenn Sie dieses Buch studieren, denken Sie daran, dass ich viele Endspiele bewusst ausgelassen habe. Warum? Weil ich nicht glaube, dass sie für einen Spieler mit einem Niveau unter 2400 wichtig sind. Zum Beispiel habe ich ketzerisch beschlossen, das Mattsetzen mit Läufer und Springer gegen den blanken König nicht zu behandeln, da es alles andere als leicht zu erlernen ist und im praktischen Spiel kaum vorkommt. Tatsächlich kam es in meiner gesamten Karriere nur ein einziges Mal vor, und IM John Watson und IM John Donaldson hatten es noch nie auf dem Brett! Ist ein solch seltenes Endspiel wirklich die zwei oder drei Stunden wert, die man braucht, um es zu lernen? Ich sage: Nein. Letztendlich geht es in ‘Silmans Endspielkurs’ genau darum: Lernen, was nützlich ist und den Rest ihrer wertvollen Zeit des Studiums auf andere Bereiche des Spiels verwenden.”
Nun Juri Awerbach, der in “Erfolg im Endspiel” schreibt:
“Ich vertrete den Standpunkt, dass man das Studium des Schachspiels mit elementarsten Beispielen beginnen muss. Obwohl sich das vorliegende Buch ausschließlich mit Endspielen befasst, stellt es sich ein allgemeineres, wichtigeres Ziel – anhand einfachen, elementaren Materials soll es den Lernenden, einschließlich Anfänger, lehren, die Harmonie des Spiels zu spüren, zu begreifen, worin sein Wesen besteht. (…) Ich möchte nochmals unterstreichen, dass das Studium von Endspielen nicht nur wichtig ist, weil es konkret der Verbesserung der Spieltechnik in diesem Partiestudium dient. Gleichzeitig entwickelt es auch das Stellungsverständnis, die allgemeine Schachauffassung.”
Als ich die Geschichte mit dem König, Läufer und Springer gegen den blanken König meinem Sohn David erzählte, machte er mich darauf aufmerksam, dass es genau hierzu bei Fritz&Fertig Band 3 eine entsprechende Lektion gibt. Zu finden unter dem Titel “Läufer, Springer, Luftballons”…
Lieber Wilhelm,
den Bericht hast du wirklich ganz toll geschrieben, alles drin und sehr interessant verfasst. Im Nachhinein wird einem noch mal richtig klar, was wir für ein Glück hatten, dass dieses Endspiel remis ausging. So peinlich es vielleicht für Norberts Gegner ist – sogar im Kinderbuch wird schon gezeigt, wie man das gewinnt -, aber die Zeit spielte natürlich auch eine Rolle und die Reklamation der 50-Züge-Regel drohte.
Liebe Brigitte,
Norberts Gegner hatte Zeit en masse, daran konnte es nicht scheitern. Es handelte sich schlicht um die Unkenntnis über die Mattführung in diesem elementaren Endspiel.
Atila hat recht. Norberts Gegner hatte ganz offensichtlich null Kenntnisse hinsichtlich der Mattführung. Ich vermute aber stark, dass er es inzwischen gelernt hat und es das nächste Mal viel besser machen wird.
Auch für den Leser ist dies eine gute Gelegenheit, die eigene Technik aufzufrischen. Einfach mit einem Partner das Endspiel in Blitzpartien üben. Etwa mit fünf oder zehn oder 15 Minuten Zeit. Der Gegner bekommt die Hälfte und darf die Figuren aufstellen.
Übrigens: Vor einigen Jahren wurde in Berlin ein Wettkampf der 1. Bundesliga dadurch entschieden, dass ein Spieler ein ganz elementares (wirklich ganz elementares) Endspiel “Turm gegen Turm und Bauer” misshandelte und dadurch nicht nur die Partie, sondern auch der Mannschaftskampf verloren ging. Wie sich hinterher herausstellte, fehlte auch dort jede Kenntnis.
Eine paar grundlegende Endspiele sollte jeder Vereinsspieler können. Neben den Mattsetzungen gehören dazu die einfachen Bauern- und Turmendspiele. Hier die Links zu den entsprechenden Kreuzberger Trainingseinheiten (hier: http://www.schachfieber.de/lektionen/SCK.Training.20090924.Bauernendspiele.0.pdf und hier: http://www.schachfieber.de/lektionen/SCK.Training.20090924.Turmendspiele.1.pdf ).
liebe kreuzberger schachspieler, man sollte ersteinmal das ergebnis loben, kreuzberg hat gewonnen. alles andere ist doch unwichtig. die mannschaft hat gekämpft und die punkte eingefahren. und eins noch zu norbert: weiter so, punkte sind punkte. und schachspielen ist ja kein wunschkonzert sondern harte arbeit. die arbeit hat sich auf jeden fall gelohnt. anscheinend sind die weinschorlen doch ein geheimrezept, hihihi.
da sieht man mal wieder die klasse von kreuzberg. ich bin fester überzeugung, das kreuzberg nicht absteigt. bis danne aus bayern frankonia, matze lewandowski