SC Kreuzberg und SK König Tegel – gemeinsame Veranstaltung zum 75jährigen Vereinsjubiläum

Der SC Kreuzberg e.V. feiert ebenso wie der SK König Tegel 1949 e.V. in diesem Jahr sein 75jähriges Bestehen. Aus diesem Anlass trafen sich beide Jubilare am 2. November 2024 zu einem Freundschaftskampf in den Kreuzberger Vereinsräumen.

Letztes Briefing des Conférencier Georg Adelberger durch Norbert Sprotte

Durchgeführt wurde ein Schnellschach-Wettkampf mit 4er-Mannschaften (20 min ohne Inkrement, jeder gegen jeden). Der Spaß stand unbestritten im Vordergrund, ob nun ein Spieler mehr oder weniger vorhanden war oder zwischen den Mannschaften getauscht wurde, spielte keine Rolle.

Brachte eine bärenstarke Truppe mit: GM Robert Rabiega

Spannung vor dem Kampf: GM Raj Tischbierek, FGM Dr. Matthias Kribben, FM Christian Syré

Die Gäste aus Tegel kamen mit einer bärenstarken Truppe mit drei Großmeistern (Robert Rabiega, René Stern und Michael Richter), denen der Gastgeber nur 1,99 Großmeister (Raj Tischbierek und Dr. Matthias Kribben als Fernschach-GM) entgegensetzen konnten.

So war es nicht weiter verwunderlich, dass der Wettkampf trotz „vereinsfremder“ Schützenhilfe (den BSV-Ehrenpräsidenten Dr. Matthias Kribben und den Vorsitzenden der Emanuel Lasker Gesellschaft Thomas Weischede) zu Gunsten der Gäste aus dem Norden Berlins ausfiel:
SC Kreuzberg (1) – SK König Tegel (1) 4:12
SC Kreuzberg (2) – SK König Tegel (2) 9:7 (korrigiert!)
SC Kreuzberg (3) – SK König Tegel (3) 4:12
SC Kreuzberg (4) – SK König Tegel (4) 12,5:3,5
SC Kreuzberg gesamt – SK König Tegel ges. 29,5:34,5
Die o.a. Ergebnisse wurden durch Nachzählung verifiziert, nachdem bei der öffentlichen Verkündung leichte Unstimmigkeiten in der Buchführung zu Tage tragen. Diese erfolgte aufgrund der krankheitsbedingten Abwesenheit der bewährten Vorsitzenden des SCK Brigitte Große-Honebrink leider manuell.

Über die Einzelergebnisse deckt der Chronist nachsichtig das Mäntelchen des Schweigens. Darunter lugt lediglich der SF Choukri mit 4(4) hervor – Glückwunsch!

Zweiter Höhepunkt des Abends war die Auszeichnung von GM Raj Tischbierek mit dem „Victor“ durch die Emanuel Lasker Gesellschaft. Deren Vorsitzender Thomas Weischede hob in seiner Ansprache das Wirken von Raj u.a. als Herausgeber der Zeitung „Schach“ und als Mitautor der Lasker-Trilogie hervor.

Einen Victor für Raj Tischbierek aus den Händen von Thomas Weischede

Dritter – manche munkelten, der eigentliche – Höhepunkt war das Schlussbuffet, an dem sich die müden Recken nach getanen Zügen bzw. die Zuschauer nach überstandenen Qualen („Was hat der denn gezogen?!?“) stärken konnten.

Insgesamt ein allseits gelungener Abend, der nach Erinnerung des Chronisten mit der Verabredung endete, eine entsprechende Veranstaltung zum 100jährigen Jubiläum ins Auge zu fassen, ggf. mit einem geänderten Teilnehmerkreis.

Der Chronist bedankt sich beim gewohnt launig-lustigen Conférencier Georg Adelberger, der zusammen mit Robert Rabiega die beiden Mannschaften mühelos zusammenhielt, und bei Fernando Offermann für die Bereitstellung der Fotos.

Michael Steiger

Und noch ein paar Impressionen:

Keep on chooglin – Trauer um Richard Valet – Persönliche Erinnerungen

RiV 1956 – 2022
Der Schach-Club Kreuzberg e.V. trauert um sein langjähriges Mitglied Richard Valet, der überraschend in der vergangenen Woche verstarb.

Am vergangenen Freitag erreichte mich die traurige Nachricht aus Greifswald. Montag hatten wir noch telefoniert, um letzte Abstimmungen bezüglich eines Schachturniers Ende Mai in Bayern zu treffen, und dann ist auf einem Mal alles anders – unveränderlich, absolut, ewig.

An einem frostigen Winterabend im Januar 1977 lernten wir uns kennen, natürlich im Schach-Club Kreuzberg, im unvergesslichen Vereinsheim am Halleschen Ufer („Hier spielt man Schach“), permanent knarrendes Parkett im Ohr, das Knallen der Uhren beim Blitzen, kaum ein Brett frei, Gejohle aus dem Vorraum von den Kartenspielern, Hajo’s „Wer macht hier noch ein Blitzturnier mit?“. RiV aus Moers, der Autor aus Oldenburg, beide frisch aus „Westdeutschland“ angekommen hier in der geteilten Stadt auf Suche nach Anschluss – natürlich über das „Hobby“ Schach, dem wir schon damals beide verfallen waren.

 

RiV – strahlend im Mittelpunkt
(1980 – vor Wandbild „Der Freibauer“)
Es dauerte kaum den besagten einen Abend, aus dem eine lebenslange Freundschaft erwuchs. So viele Gemeinsamkeiten – Schach, Schalke 04, gleicher Vorname der damals letzten Freundin (!), … – all das konnte doch kein Zufall sein!

Und los geht die Reise. Richards Wohnung in Moabit, zwar Hinterhaus und oben im 4. Stock ohne Fahrstuhl, dafür aber hell und mit Fast-Innentoilette! Und wie kann man das verbessern? Klar – es fehlt eine Dusche. Richards unerschütterlicher Glaube an unsere handwerkliche Fähigkeit obsiegte über meine Zweifel an der Fertigkeit unserer Hände. Und am Ende war sie fertig: die coolste Indoor-Dusche in Westberlin inmitten der Küche (!). Sie musste ja Zu- und Abfluss haben, und bezüglich „Wasser“ hatten wir „auf kleiner Flamme gekocht“ und auf kürzeste Rohr-/Schlauchverbindungen geachtet. Was wir nicht bedacht hatten: Eine Innendusche war damals in den 70er unter uns Studenten natürlich die Sensation, und so bekam man in den nächsten Wochen und Monaten ob der Schlange stehenden Kommilitonen (Duschen mit Sound von CCR „Keep on chooglin – Keep on Dusching“) nur auf Nachfrage eine Audienz bei RiV. „Wir schaffen das!“ – von wegen eine Erfindung des 21. Jahrhunderts!

 

Weiter geht’s: Kirchentag in Berlin – „Da machen wir mal eine kleine Aktion!“ Wir stellten uns in Analogie an bekannte Vorbilder mit dem Slogan „Tausche Bibel gegen Kaugummi“ an die Gedächtniskirche. Mit dem daraus erwachsenden Schwall von Diskussionen hatten wir allerdings nicht gerechnet. Nur Richards bekanntem Charme sowie seiner unerschütterlichen Beharrlichkeit und Freundlichkeit (nebst meinem Spurt zur nächsten Buchhandlung, um noch schnell Nachschub an Mao-Bibeln (!) zu besorgen) gelang es, uns vor dem sofortigen Ausfüllen eines Beitrittsformulars zur christlichen Kirche zu bewahren.

 

Kürzen, kürzen schallt’s von hinten – wer will denn das alles wissen?

 

Doch, doch – so viele Erinnerungen – bitte nur noch ein wenig. Zum Beispiel, dass vermutlich eigentlich RiV und der Autor die Erfinder der Schachdatenbank sind. Leider, leider hatten wir mangels technischem Sachverstand unser System anfangs der 80er Jahre auf Karteikarten implementiert statt auf „moderner Technik“ wie Computern – schade, knapp daneben. Innovation, neue Wege gehen – mit RiV gerne!

 

Macht nichts. Studium zu Ende – wo jetzt arbeiten? Kam RiV um die Ecke: “Fang doch bei mir an – ich mache EDV-Schulungen”. Ein Zufall? Der Autor, gerade fertig geworden, kaum EDV-Kenntnisse. Na gut, kann man sich ja mal anschauen. Montag an den Computer gesetzt, am Mittwoch hatte RiV mich bereits für den kommenden Montag als erfahrenen Dozenten „verkauft“. Unerschütterliche Zuversicht und Vertrauen in Kenntnisse und Fähigkeiten von Freunden und Kollegen, damit den Rücken stärkend – eine der vielen tollen Eigenschaft von RiV. (Die Schulung verlief glänzend, jeden Abend telefonisches Coaching für den nächsten Tag sei Dank. Weitere ca. drei Jahre waren wir beide zusammen erfolgreich tätig, bevor sich dann unsere beruflichen Wege trennten.)

 

Klingelingeling – RiV am Apparat: „Ich ziehe weg!“ „Wohin?“ „Kamerun!“ Unglaubliches Staunen des Autors, war doch das Valet‘sche physikalische und schachliche Beharrungsvermögen über die Grenzen unseres Vereins hinaus bekannt und gefürchtet. Schallend lachend die Auflösung des Rätsels: Nicht „in den Kamerun“, sondern „nach Kamerun“, nämlich eine kleine Straße in einem fast noch winzigeren Dorfe westlich von Berlin. Freundlichkeit, Witz, Humor in allen möglichen Facetten – toll!

RiV mit „beiden Alexandern“ und Gattin des Autors (2007)

Ende des letzten Jahrtausends dann wieder zurück nach Berlin, Leipziger Straße. Riesige Wohnung, riesige Familie, RiV als Ersatzvater und nunmehr Ehegatte, eingetaucht in östliches Lebensflair mit seiner Gattin. Man sieht sich immer zweimal – beidseitig gesucht und gefunden, ein wunderbares Paar. Bald kam Nachwuchs, ihrerseits und seitens des Autors. War es ein Zufall, dass unsere Söhne beide „Alexander“ heißen? (wenn auch „meiner“ „nur“ mit zweitem Vornamen). Nächster Umzug nach Greifswald. Besuch. Der „große“ Alexander überredet den „kleinen“ Alexander zu einem Schachturnier. Wunderbare Tage im Hause Valet verbracht, Offenheit, Herzlichkeit, Freude ohne Grenzen.

Kürzen, kürzen!

Ja gut – ich komme gleich zum Ende – nun im Sauseschritt durch die Jahrzehnte:

Die alte Liebe Fernschach, in der es RiV bis zum Nationalspieler brachte…

(Mit-)Begründung eines der führenden Schachvereine in Mecklenburg-Vorpommern, mitsamt mehreren Freundschaftskämpfen Greifswald vis. SC Kreuzberg als herzlicher Gastgeber…

Diverse weitere gemeinsame Turniere wie Biel, Lugano, Arco, Magdeburg, Büsum, und noch viele weitere mehr, an denen der Autor nicht teilnahm…

Aber über allem stehen Gründung, Aufbau, Pflege und Umsorgen der eigenen Familie als liebevoller Ehemann und treusorgender Vater. Die Kinder, denen du vorbehaltlos Halt, Unterstützung und Geborgenheit gegeben hast, die doch gerade für die Zwerge so wichtig sind. Die Ehefrau, der du so viel Vertrauen, Liebe und Güte hast zukommen lassen, dass es eine wahre Freude war, dies miterleben zu dürfen. Der entspannteste Mensch, den ich jemals kannte.

RiV und der Autor, etwa schon leicht ergraut? (Magdeburg 2020)

Nun ist es also so weit.

 

Keine Besuche mehr hier in Berlin, keine Diskussionen, keine Julischka mehr bei dem von dir so sehr geliebten „Jugoslawen“ bei uns um die Ecke.

 

Keine gemeinsame Senioren-WM mehr im Juni, auf die wir uns alle schon so sehr gefreut hatten.

 

Keine Grüße mehr aus dem Cyberspace – oder vielleicht doch?

Nun bist du da wo wir nicht sind, sitzt zusammen mit Jewgeni und tauchst ab in die Tiefen der Sweshnikow-Variante, lässt dir vom Zauberlehrling David B. Feinheiten im Königsinder erläutern, feilst an deinem gefürchteten geschlossenen Sizilianer, begrüßt Juri A. und gehst mit ihm gleich noch ein paar Endspiele durch…

 

Habe herzlichen Dank für deine Freundschaft und die schönen Jahre!

Michael