Der vorangestellte Text des Monatshefte-Redakteurs Dr. phil. R. Emden, den ich als Digitalisat in der Online-Datenbank der Großpolnischen Bibliothek, Wielkopolska Biblioteka Cyfrowa fand, ist ein Faksimile des Hefts im Bestand der Biblioteka Kórnicka/Polen. (Ich suchte eigentlich nach Dokumenten von Tassilo von Heydebrand und der Lasa (1817-1899), dessen Nachlass an Schachbüchern und Schriften im Schloß Kornik archiviert ist.)
Von Mendelssohn ist bekannt, dass er das Haus Nikolaikirchhof 20, heute Molkenmarkt Nr. 8 oft besuchte, um dort Schach zu spielen.
Quelle: A. Friedländer, 6 Vorträge über die Geschichte der Juden: Gehalten in den Berliner logen U.O.B.B. in winter 1895/96, Berlin 1896
Die Deutsche Schachzeitung 1896 verliert kein Wort über den Artikel im Akademischen Monatsheft, auch nicht gelegentlich eines Berichts über den Akademischen Schachclub München.
Offene Fragen:
Wer ist der “Stadtgerichtsrath L.”?
Und wo ist der Zettel? Ein eMail-Kontakt zu Dr. Helmut Berthold von der Lessing-Akademie in Wolfenbüttel zeigte mir, dass auch unter Lessing-Kennern, diese Partienotation eine “mittlere Sensation” darstellen würde. Zumindest könnten Nachforschungen danach schnell abgeschlossen werden, denn das Original-Manuskript wird, wie mir mitgeteilt wurde, in der Berliner Staatsbibliothek aufbewahrt. Ein glücklicher Umstand für meine Schachforschungen, befinden sich doch sonst viele nachgelassene Originale in der “Herzog-August-Bibliothek” in Wolfenbüttel, wo Lessing 1770 als Bibliothekar zuletzt Anstellung fand. Die “textkritische Arbeit zu Minna von Barnhelm”, so es sie gab, hat unter Emden’s Namen mglw. keinen Eingang in die seriöse Lessing-Forschung gefunden. Vermutlich läuft es aber daraus hinaus: Der Zettel ist weg! Der Artikel im Monatsheft war seine erste und letzte Spur.
Andreas Lange
Man muss nur wissen wie man auf google sucht…
“Stadtgerichtsrat L.”:
Gerichtsrat Robert Lessing in Berlin besass damals die “Minna”, wie Muncker berichtet.
Quelle: Gotthold Ephraim Lessings Sämtliche Schriften. Hrsg.
von Karl Lachmann. 3. Auflage, 1886, Auf’s neue durchgesehene und verm.
Aufl., besorgt durch Franz Muncker, Vorwort Seite VII.
Der als M. gekennzeichnete Spieler ist möglicherweise nicht Mendelssohn. Antonius van der Linde zitiert 1873 in seinem Buch “Schach bei den Juden”, S. 41 zwei Quellen die auch einen anderen Schluss zulassen:
„Aus jüngern Jahren fallt mir ein Jude ein, Namens Michel, der in allen Dingen, bis auf zwei Elemente, verrückt erschien. Wenn er Französisch sprach, kam kein unebenes Wort über seine Lippen, und spielte er vollkommen Schach. So kommt dieser verrückte Michel (wie man ihn nannte) zum alten Mendelssohn, der sitzt und spielt Schach mit dem alten Rechenmeister Abram. Michel sieht das Spiel an. Abram macht endlich eine Bewegung mit der Rechten, um das Spiel als verloren umzuwerfen, und erhält einen derben Schlag am Kopfe, dass ihm die lose Pernicke abfällt. Abram hebt ruhig seine Perrucke auf und spricht: „Aber, lieber Michel, wie hätte ich denn ziehen sollen?“ — Lessing hat den “Vorfall im Nathan nachgebildet, und da ich auch im Zuge bin, noch Folgendes. Der eben genannte Rechenmeister Abram ist eben der, welchen Lessing als Alhafi zum Modell gehabt hat. Er galt für den grössten Rechenmeister und Sonderling, unterrichtete für wenige Groschen oder umsonst und bewohnte in Mendelssohns Haus ein Zimmer, auch umsonst. Lessing hielt viel auf ihn, seiner Pietät und seines angeborenen Cynismus wegen. “ (Briefwechsel zwischen Goethe und Zelter u. s. w. her. v. Fr. W. Riemer, IV. Th. Berlin 1834 S. 137). Ueber den genannten Abraham, auch Abraham Wolf oder „Abraham Rechenmeister“ genannt, Freund Euler’s und als Mathematiker gerühmt, ist mehr bei Kayserling (Mos. Mendelssohn S. 333—5) zu lesen, wo er ein leidenschaftlicher und „Michel“ ein vorzüglicher Schachspieler genannt wird.