Dirk Paulsen gewann das Monatsblitz im April. Mit einer nahezu weißen Weste (19.5/20) lag er volle drei Punkte vor Shenis Slepushkin, der den punktgleichen Adis Artukovic aufgrund des direkten Vergleichs nicht hinter sich ließ, aber einen Gewinnpartie mehr im Turnier verbuchen konnte.
Gerechtigkeitshalber sei erwähnt, dass der 2. Platz nicht etwa aufgrund des direkten Vergleichs entschieden wurde — welcher nach dramatischem Verlauf und beiderseits bis zur letzten Patrone ausgekämpft, als Shenis mit einem einsamen Läufer verblieben war, Adis mit Springer plus Bauer aber nicht wesentlich höher ausgestattet, wobei der Läufer den Bauern zuverlässig im Griff hatte, er, Shenis, dennoch “Zeit” reklamierte, was ihm nach derzeitiger FIDE-Regel den vollen Punkt eingebracht hätte, jedoch Adis nach Blick auf die Uhr mit “beide Zeiten” konterte, somit die Partie im Remis endete –, sondern, wie Shenis ausführlich erörterte, dabei keinerlei Kompromissbereitschaft signalisierend, da nämlich selbst einmal von derzeitiger Kreuzberger Platzvergabe nachteilig betroffen, durch Anzahl der Siege. Shenis hatte nur die eine einzige Remispartie, während Adis drei Mal friedlich übereinkam. Somit also, der Tabelle zu entnehmen, die höhere Anzahl an Siegen hatte.
Sinnhaftigkeit der Regel, zur Diskussion gestellt: ähnlich wie die Sonneberg-Berger Wertung, bei welcher es höher bewertet wird, gegen einen im Endklassement besser dastehenden Gegner gepunktet zu haben, halte ich auch diese Regel für fragwürdig und dem Münzwurf in keinem Falle überlegen (welcher im Übrigen aus meiner Sicht eine durchaus faire Methode darstellt). Warum bei So-Be die Bedenken? Nun, sofern man in einem Rundenturnier mit einem Konkurrenten die gleiche Punktzahl hat, und angeblich besser (oder schlechter) abgeschnitten haben soll, WEIL dieser oder jener einen Teil seiner Punkte gegen die Gegner mit höheren Punktzahlen erzielt hat, so sei dem entgegengestellt, dass er zeitgleich gegen schwächere seine Punkte abgegeben hat, womit sich die Vorteile direkt wieder in Luft auflösen. Es ist also eine Alternative zum Münzwurf geschaffen worden, diese aber durchaus künstlich. Punktgleichheit in einem Rundenturnier liegt eine exakt gleiche Leistung zugrunde. Man nimmt irgendein angeblich sportliches Kriterium her, und meint, damit dem Glück einen Riegel vorzuschieben. Das Vorhaben ist aber MISSGlückt.
Genau so sieht es bei der Anzahl der Siegpartien aus. Bei den großen Turnieren im klassischen Schach mag es noch ein gewisses Grundbedürfnis der Veranstalter und Zuschauer befriedigen, dass sich einer der Spieler als kämpferischer gezeigt hat und somit eine höhere Anzahl von Gewinnpartien (damit zugleich Verlustpartien) produziert zu haben), bei einem Blitzturnier ist dies schlicht Unsinn. a) keine Zuschauer, b) keine Gefahr eines Remistodes und c) eine oder drei Remispartien von 20 sicher nicht ein Zeichen von unterschiedlicher kämpferischer Veranlagung.
Der Anzahl der Siege als Drittwertung anstelle einer So-Be liegt zugrunde, daß die Turnierauswertung ruckzuck mit fast einem Blick auf den Laufzettel zu erledigen ist und eine Siegerehrung umgehend stattfinden kann, anstatt sich erst noch einen Wolf zu rechnen (bzw. das Turnier in Swiss-Chess eingeben zu müssen).
Ich habe der gängigen Regelung nicht etwa die Sonneberg-Berger Wertung alternativ gegenübergestellt als womöglich gerechtere Lösung — denn sie wäre es nicht — sondern den Münzwurf. Jener müsste ich sogar schneller erledigen lassen, sogar als die “Berechnung” der Anzahl der Siege. Die Anzahl der Siege stellt eine trügerische Art der sportlichen Lösung dar. Der Münzwurf suggeriert gar nicht erst, dass man einen “Besseren” (oder “Besten”) der Punktgleichen ermitteln kann — da man es eben nicht kann. Punktgleich zu sein und dabei die gleichen Gegner gehabt zu haben entspricht einer gleich guten Leistung. Sofern man Punktgleiche übrigens gleichauf über die Ziellinie gehen ließe, tauchte dieses Problem auf: welchen Namen druckt man zuerst? Es würde am Ende doch einer vorne stehen, welcher dann noch hämisch sagen könnte: “Wir sind gleich, aber ich stehe vor dir.” Lösung: Münze werfen. DEN Namen drucken wir zuerst. Geht es um Geld: punktgleich, teilen wir. Vorne stehen tut dennoch einer. Dafür auch: Münzwurf.
Ich habe bereits bei kritischen Schiedsrichterentscheidungen vorgeschlagen: wirf eine Münze. Es GIBT KEINE RICHTIGE ENTSCHEIDUNG. Akzeptanz anfangs: gering. Nach einer Weile: man gewöhnt sich daran. Wir wissen nicht, wir entscheiden per Münzwurf.