Günter Zimnol verstorben

Günter im Alter von 75 Jahren, Foto: Jürgen Federau

Ein Nachruf von Jürgen Federau, den er im Namen des Vorstandes des SC Kreuzberg verfasst hat:

Am 20.05.2017 verstarb im Alter von 86 Jahren unser langjähriges Mitglied Günter Zimnol im Malteser-Krankenhaus im Berliner Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf. Am 24.04.2017 wurde er wegen mehrerer bedenklicher Blutwerte in das Martin-Luther-Krankenhaus eingewiesen. Gründliche Untersuchungen, drei Bluttransfusionen und medikamentöse Behandlungen führten leider nicht dazu, dass sich sein Zustand verbesserte.

Günter und ich, Jürgen Federau, wir kannten uns seit mehreren Jahrzehnten. Wir haben uns regelmäßig getroffen, in den letzten zehn Jahren ungefähr im 14-Tage-Rhythmus in einem italienischen Restaurant in unmittelbarer Nähe seiner Wohnung. Mit zunehmenden Alter benötigte er einen Gehstock. Ich merkte, dass das Gehen und vor allem das Treppensteigen für ihn immer beschwerlicher wurde. Das ist auch ein wesentlicher Grund, warum er immer seltener im Schachverein anzutreffen war, was aber nicht bedeutete, dass er sich für das Schachleben nicht mehr interessierte. Er war gut durch das Internet informiert, aber auch durch mich erfuhr er einiges betreffs Schach. Auch fragte er mich zum Beispiel, warum dieser oder jener Spieler in dieser oder jener Mannschaft in der soundsovielten Runde ausgesetzt hat. Er kannte fast alle Kreuzberger Spieler beim Namen, auch diejenigen, die er noch nie gesehen hat. Sein Gehirn funktionierte bis zu seinem Tode vortrefflich.

Bei meinem letzten Besuch im Krankenhaus fragte er mich, nachdem wir uns eine Stunde unterhalten hatten, ob ich noch länger Zeit und ob ich Papier hätte, um aufzuschreiben, was er mir zu sagen hat. Ich bejahte das, und er fing an, von seinem außer-schachlichen Leben zu berichten. Ich interpretierte das so, dass er davon ausging – und das war leider auch mein Eindruck -, dass er nur noch wenige Tage leben wird und dass ich einen Nachruf verfassen werde. Wahrscheinlich wollte er nicht, dass er in der Schachszene nur als Spieler und als Funktionär wahrgenommen wird, und dass ich deshalb auch über sein außer-schachliches Leben berichten soll. Sechs Tage später suchte ich wieder das Krankenhaus auf, wo man mir mitteilte, dass Günter am heutigen Tage um 4 Uhr morgens verstorben ist.

Günter hat mit 86 Jahren ein schönes, hohes Alter erreicht.

Lieber Günter, der Schachverein hat in dir ein freundliches, rühriges und langjähriges treues Mitglied verloren, ich habe einen Freund verloren. Günter war ein gläubiger Katholik. Möge Gott dich in sein himmlisches Reich aufnehmen!

Unsere tiefe Anteilnahme gilt seinen Angehörigen und seinen Schachfreunden.

Die schachliche Laufbahn

Günter war ein aktiver Schachspieler als auch ein emsiger Funktionär. Im Schach-Club Kreuzberg war er Mitglied vom 01.07.1961 bis zum 30.06.1990 und vom 01.07.1997 bis zu seinem Tode. Von 1976 bis 1979 war er 1. Vorsitzender des Vereins. Auch in zahlreichen anderen Funktionen war er tätig, als 2. und 3. Vorsitzender, Schriftführer, Turnierleiter, Bücherwart, Kassenprüfer und Seniorenbeauftragter. Im Berliner Schachverband belegte er folgende Positionen: Schriftführer, drei Jahre lang Landesspielleiter, Lehrwart und Spielerpass-Beauftragter. Günter Zimnol und Dr. Böhme (Lasker-Steglitz) gehörten als Berliner Vertreter der Modellkommission der 1. Bundesliga an.

Im Jahre 1999 veröffentlichte der Verein eine Festschrift mit dem Titel „50 Jahre Schach-Club Kreuzberg e. V.“ Günter war maßgeblich an dem Gelingen der Festschrift beteiligt, da er aufgrund seiner langen Funktionärstätigkeit ein umfangreiches Schacharchiv (Tabellen, Mitteilungsblätter, Protokolle) hatte.

Aus Anlass seines 125-jährigen Jubiläums im Jahre 2002 sprach der Deutsche Schachbund für ihren langjährigen und erfolgreichen Einsatz 125 Schachfreunden Dank und Anerkennung in Form einer Ehrenurkunde aus, darunter dem Kreuzberger Mitglied Günter Zimnol.

Auf der Jahreshauptversammlung des Schach-Clubs Kreuzberg am 02.06.2006 wurde dem 75-jährigen Günter Zimnol auf Antrag von Jürgen Federau mit einstimmigem Votum der anwesenden Mitglieder die Ehrenmitgliedschaft angetragen.

Seine letzte Schachpartie spielte Günter in der Berliner Mannschaftsmeisterschaft 2009/2010.

Das außer-schachliche Leben

Am 08.11.1930 kam Günter in Berlin zur Welt. Im letzten Kriegsjahr 1945 wurde er ausgebombt und in den Kreis Gifhorn evakuiert. 1947 kehrte er nach Berlin zurück und begann eine Lehre als Herrenmaßschneider, welche er sowohl in der praktischen als auch in der theoretischen Prüfung mit der Bestnote 1 beendete.

1951 wurde Günter von der DDR an die Arbeiter-und-Bauern-Fakultät (ABF) in Berlin delegiert. ABFs gab es in mehreren Städten. Sie waren Teil der jeweiligen Universitäten und dienten als Vorstufe zum Beginn eines Studiums. Der Abschluss entsprach einem hochwertigen Abitur. Günter schloss im Jahre 1954 mit der überdurchschnittlichen Note 2,3 ab. Danach nahm er ein Studium an der philosophischen Fakultät in Leipzig auf. Wegen politischer Äußerungen zum Ungarn-Aufstand 1956 wurde er exmatrikuliert.

Günter hat geheiratet. 1957 wird seine Tochter Monika geboren. Später wurde die Ehe geschieden.

Günters Vater war kurzzeitig in der DDR im Zuchthaus wegen Verbreitung westlicher Propagandaschriften. 1960, ein Jahr vor dem Mauerbau, gab es in der DDR eine Amnestie. Der Vater wurde freigelassen. Sofort nach der Freilassung ging Günter mit seinem Vater und seiner Tochter nach West-Berlin ins Notaufnahmelager Marienfelde.

In West-Berlin hat Günter wieder als Herrenmaßschneider gearbeitet. 1972 absolvierte er eine 18-monatige Umschulung in Richtung kaufmännische Berufe. Danach war er ein Jahr lang in einem Steuerbüro tätig. Seine letzte Anstellung bis zum Renteneintrittsalter von 65 Jahren betrug 23,5 Jahre in der Versicherungswirtschaft bei der Feuersozietät in Berlin.

Neben Schach hatte Günter noch zahlreiche andere Hobbys: seine Kontakte zu Bierdeckelsammler-Vereinen und seine Bierdeckelsammlung, zigtausende von Bierdeckeln, die er alle per Computer katalogisierte, des Weiteren seine umfangreiche Filmographie bestehend aus Filmprospekten und Hunderten von Büchern zur Filmgeschichte.

Festschrift 50 Jahre Schach-Club Kreuzberg e. V. 1949 – 1999

 

4 Gedanken zu „Günter Zimnol verstorben“

  1. Unser Idol – Günter Zimnol …

    (aus einem Wahlkampf um die Klub – Präsidentschaft
    79 oder 80, als ich noch relativ neu im Verein war… ) …

    Viele liebe Grüße aus Greifswald, Richard

  2. Günter Zimnol.Ein echter Kreuzberger! Ich werde ihn vermissen. Kannte ihn quasi seit 1976 als ich in den Verein
    eingetreten bin. Damals fing auch seine Präsidentschaft an. Die Vereinsräume waren am Halleschen Tor. ” Hier spielt man Schach” konnte man
    von der U-Bahn aus lesen. Viele können sich noch an das quitschenden Parkett erinnern.
    Werner Ott war schon damals Bücherwart und ich einer seiner besten Kunden.
    Goldene Schachzeiten!

  3. Günter Zimnol war ein Original – mit dem Herzen auf dem rechten Fleck. Ich hatte das Glück, ein paar Jahre bei der BfA (das dürften wohl die Jahre sein die Jürgen Federau ausgespart hat) mit ihm in einer Mannschaft zu spielen. Dabei war er stets freundlich und hatte immer irgendeine Anekdote zu erzählen. Die untermalte er dann mit seinem ihm typischen schelmischen Lächeln.
    Ich empfand ihn als angenehmen Zeitgenossen, er engagierte sich für unser Hobby und für seine Schachfreunde.
    Unvergessen ist mir eine seiner Geschichten. Nach einer Sitzung im Vorstand des Berliner Schachverbands soll tatsächlich ein Blitzschachturnier stattgefunden haben, dass Günter gewonnen hat, vor einigen Berliner Schachprominenten wie – ach, das spielt glaube ich keine Rolle, oder Günter?

    Thomas Spiess
    (heute SK Ricklingen)
    (damals BSG BfA e.V.)

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