Der Sieger heißt natürlich Magnus Carlsen. Natürlich? Im äußerst spannenden Turnier, um das Recht im November den Weltmeister zu fordern, war es schwer eine dauerhafte Prognose abzugeben. Eine Remisquote von 55% ist gering, gemessen am Niveau der Teilnehmer. Auch waren diese Remis immer erkämpft.
Wladimir Kramnik spielte anfänglich zu ruhig. In der ersten Turnierhälfte hatte er nur Remis gesammelt. Erst danach holte er tüchtig auf und war in Runde 12, nachdem Vassily Ivanchuk überraschend Magnus Carlsen geschlagen hatte, in Führung gegangen. Am Ende landete er auf Platz 2.
Peter Svidler hätte es ebenfalls schaffen können! Im direkten Vergleich ausgeglichen zu Carlsen, ließ er gegen Kramnik oder einen der anderen irgendwo einen halben Punkt. Platz 3.
Der von Carlsen selbst als Hauptkonkurrent gelobte Levon Aronian war mit Siegen in den Runden 2 und 3 zuerst in Führung gegangen. Das Turnier lief jedoch für Aronian zu unruhig und er schwankte in seinen Leistungen. Dass er nach 14 Runden mit nur einem halben Punkt Abstand hinter dem Turniersieger auf Platz 4 landete hat seine Ursache in zwei Niederlagen in Runde 11 und 12.
Boris Gelfand konnte nur Radjabov dominieren, ging aber gegen Carlsen glatt unter, sonst erzielte er 50%, Platz 5.
Alexander Grischuk, hier Remiskönig, konnte einzig gegen Ivanchuk einmal voll punkten. Platz 6.
In die Herzen der Zuschauer spielte sich Vassily Ivanchuk. Er erzielte ein positives Ergebnis sowohl gegen Kramnik, als auch Carlsen! Fünf Zeitüberschreitungen brachten leider am Schluss nur Platz 7.
Enttäuschend spielte Teimour Radjabov. Platz 8 für den Ex-Weltmeister.
Magnus Carlsen hat das Turnier gewonnen, aber der Weg zum Sieg war holprig.
Nach einer Katastrophe gegen Ivanchuk in Runde 12 lieferte er in der Folgerunde ein Kunststück ab. Gegen Radjabov stand er zur ersten Zeitkontrolle nur ausgeglichen. Auch die zweite Zeitkontrolle ergab nicht mehr. Fachpublikum und Computer waren sich einig – eine fertige Festung auf beiden Seiten, unweigerlich Remis. Doch dann geschah Unglaubliches. In MacGyver-Manier verwandelte er diesen Kaugummi in Plastiksprengstoff. Eiskalt drückte er Radjabov in der Schlußphase mit nur noch 30 Sekunden Bonus je Zug aus und erzwang den Sieg.
Punktgleich mit Kramnik ging es in die Schlussrunde. Und diesmal half Ivanchuk! Dieser stand gegen Kramnik immer besser und baute seinen Vorteil schrittweise aus. Carlsen verspielte während dessen seinen kleinen Vorteil gegen Svidler und verlor noch. Auch Kramnik musste danach gegen “Chuky” aufgeben. Mit gleicher Punktzahl, aber mehr Siegen hieß der Turniersieger letztlich Magnus Carlsen. Äußerst geduldiges Spiel und Verwertung kleiner Endspielvorteile waren sein Rezept.
Der Endstand nach 14 Runden:
Platz | Spieler | Punkte | Siege |
1 | Magnus Carlsen | 8,5 | 5 |
2 | Wladimir Kramnik | 8,5 | 4 |
3 | Peter Svidler | 8 | 4 |
4 | Levon Aronian | 8 | 5 |
5 | Boris Gelfand | 6,5 | 2 |
6 | Alexander Grischuk | 6,5 | 1 |
7 | Vassily Ivanchuk | 6 | 3 |
8 | Teimour Radjabov | 4 | 1 |
Während Hardmut Metz in der Druckausgabe des “Tagesspiegel” Bild und Bericht liefert, schreibt Martin Breutigam in der Online-Ausgabe:
http://www.tagesspiegel.de/sport/kandidatenturnier-carlsen-fordert-schachweltmeister-anand/8011144.html
Für das “Neue Deutschland” schreibt Dagobert Kohlmeyer online:
http://www.neues-deutschland.de/artikel/817491.der-kronprinz-fordert-heraus.html
Bericht: Andreas Lange