DBMM 2025: Kreuzberg kann (ein bisschen) blitzen

Alle Jahre wieder spielt Kreuzberg bei den ganz großen deutschen Wettbewerben mit: Nein, leider nicht in der Bundesliga, auch nicht im Pokal, aber immerhin bei den deutschen Blitzmannschaftsmeisterschaften. 2025 wurden diese in Bünde (Westfalen) ausgerichtet, was deutlich angenehmer zu erreichen war als letztes Jahr in Kehl (bei Straßburg). Trotz extrem knapp verpasster Qualifikation bei den Norddeutschen Blitzmannschaftsmeisterschaften konnten wir dieses Jahr als Nachrücker teilnehmen. Und so fuhr unsere Profitruppe aus Robert, Freddy, Aaron und Michael (Strache) samt Korrespondent Constantin an einem sonnigen Samstag im Mai nach NRW.

Seelig sind die Unwissenden: So sehen (noch) motivierte Kreuzberger aus. Von links: Aaron, Micha, Robert und Freddy

Großes Kompliment dabei an die Ausrichter in Bünde: Statt in einer alten Schulturnhalle durften wir in einem Tanzlokal mit reichlich Platz, Licht und Luft spielen. Obendrein gab es ein ordentliches Catering und ein effizientes, aber freundliches Schiedsrichterteam – was will man mehr? Naja, vielleicht noch gegen gute Gegner Schach spielen.

Blitzschach: Ein Sport für sich

Blitzschach ist dabei ein ganze besondere Angelegenheit: Ist man geistig gerade nicht bei der Sache oder müde, mag man das im klassischen Schach mit Eröffnungstheorie und Zeitverbrauch kompensieren können, ist aber im Blitz aufgeschmissen. Umgekehrt ist Material im Blitzschach nicht annähernd so wichtig wie im klassischen Schach und oft noch ein Comeback möglich. Blitz ist damit emotional und auch konditionell ein wilder Ritt, insbesondere, wenn man über 20 Partien in Folge spielt.

Dementsprechend war für unsere Kreuzberger wie auch für deren Gegner alles dabei: Triumph und Trauer, Freude und Frustration, Ehrgeiz und Ekel. Geschichten hinter diesen Emotionen gibt zu viele, als dass man sie hier alle erzählen könnte. Daher hier ein paar Eindrücke, für die sich so ein Turnier lohnt:

SCK – Solingen: Robert im Kampf gegen GM Markus Ragger. Lediglich Micha konnte gegen die am Ende Zweitplatzierten ein Remis rausholen.

Die Partie von Robert gegen den Stargast und ehemaligem Blitzweltmeister GM Vassily Ivanchuk, in der er auf sehr sehenswerte Weise komplett zusammengeschoben wurde. Aber auch unser Sieg gegen Schott Mainz durch einem Sieg von Robert gegen GM Cicak. Oder die 4,5/6, mit denen Robert in den letzten 6 Runden seine Ausdauer unter Beweis stellte. Freddy, wie er sich in einer sauber herausgespielten, gewonnenen Partie in Zeitnot die Dame aufspießen lässt.  Wie ein anderer, starker Gegner aus dem Fluchen nicht mehr herauskam, nachdem Freddy in eigentlich verlorener Stellung eine Figur gewann. Aarons wackliges, aber dennoch hochverdientes Remis im Turmendspiel gegen GM Cyborowski. Aarons saubere Leistung und sein taktisches Aussetzen in der letzten Runde (“bin jetzt bei +/- 0”). Michas Vorliebe für Schwarz (“macht bei mir keinen Unterschied, ich spiele heute immer das Gleiche”). Constantins Eröffnungsumstellung in der 2. Hälfte (“läuft so schlecht, jetzt kann ich auch einfach gleich Aljechin spielen”), oder sein deutlich besserer Score mit Weiß  von 5,5/9 (vs. 2/9 mit Schwarz).

Fazit

All diese Momente zeigen eins: Wenn man solche Events als Außenseiter spielt, sollte man Erlebnis vor Ergebnis stellen – denn Erleben tut man so einiges, auch wenn keiner aus dem eigenen Team mehr als 50% der Punkte holt und die Mannschaft am Ende auf Platz 20 von 25 landet. Daher sind wir auch als absolute Außenseiter nächstes Jahr gerne wieder dabei und halten die Kreuzberger Fahne hoch – zumindest, falls wir uns vorher bei der Norddeutschen Blitzmannschaftsmeisterschaft wieder unter die Top 7 kämpfen können.

Link zu den Einzelergebnissen wie immer auf Chessresults

 

 

2. Bundesliga: Abstieg besiegelt, Mission Wiederaufstieg gestartet

Es ist offiziell: Der SCK wird kommende Saison wieder in der Oberliga spielen. Zwei Siege waren beim letzten Auswärtswochenende in Porz Pflicht, doch es reichte nur für ein einziges Unentschieden gegen Solingen II und eine klare Niederlage gegen Porz. Bei all den schlechten Nachrichten konnte uns aber niemand die Stimmung oder gar die Prep verderben.

Schon am Samstagabend war damit klar, dass wir absteigen würden; Porz hatte ordentlich aufgestellt und wir an den hinteren Brettern kein Schachglück:

SG Porz SC Kreuzberg
2 GM 2518 GER Christopher Lutz ½ : ½ Robert Glantz GER 2387 FM 1
4 GM 2412 GER Arkadij Rotstein 0 : 1 Aron Moritz GER 2271 FM 2
5 FM 2384 GER Alexander Suvorov 1 : 0 Frederick Dathe GER 2296 3
6 FM 2410 GER Luca Suvorov ½ : ½ Bastien Dubessay FRA 2283 FM 4
7 2358 UKR Stanislav Korotkjevich ½ : ½ Aaron Matthes GER 2224 CM 5
8 IM 2344 UKR Vitaly Malykin 1 : 0 Julian Grötzbach GER 2182 FM 6
10 FM 2275 GER Carlo Pauly 1 : 0 Michael Strache GER 2265 8
12 FM 2210 GER Dmitrii Marcziter 1 : 0 Christian Syré GER 2133 FM 14

Sonntag war der Kampf zwischen den beiden sicheren Absteigern angesetzt, doch zur Ehrenrettung hätte es einn glatten Sieg benötigt. So landen wir leider auf dem letzten Tabellenplatz (was den Brettpunkten nach auch gerechtfertigt ist).

SC Kreuzberg 4 4 SG Solingen II
1 FM 2387 GER Robert Glantz ½ : ½ Inna Gaponenko UKR 2349 IM 5
2 FM 2271 GER Aron Moritz ½ : ½ Dr. Daniel Schlecht GER 2350 IM 6
3 2296 GER Frederick Dathe 0 : 1 Markus Schäfer GER 2362 IM 8
4 FM 2283 FRA Bastien Dubessay 1 : 0 Kevin Zolfagharian GER 2213 9
5 CM 2224 GER Aaron Matthes ½ : ½ Michael Berg GER 2269 FM 10
6 FM 2182 GER Julian Grötzbach 1 : 0 Stefan Wickenfeld GER 2177 11
8 2265 GER Michael Strache ½ : ½ Thomas Michalczak GER 2210 FM 12
14 FM 2133 GER Christian Syré 0 : 1 Oliver Kniest GER 2212 FM 13

Unser kleines Experiment 2. Bundesliga geht damit zunächst zu Ende. Ohne Verstärkung, mit einem dünnen, aber dafür hochmotivierten Kader wollten wir als Amateure antreten und uns mit den Großen messen. In Teilen ging das auch auf – quasi jeder von uns hatte Partien gegen starke Gegner, auf die man gerne zurückschaut (auf manche natürlich auch weniger gerne). Gelernt haben wir viel und die Zeit mit dem Team in vollen Zügen genossen. Und mit jeweils einem halben Punkt mehr gegen Aachen und Solingen hätten wir in der Tabelle schon bedeutende Sprünge gemacht, wenn auch immer noch nicht sicher die Klasse gehalten. Es war trotz des ernüchternden Ergebnisses also eine tolle Saison, daher an dieser Stelle vielen Dank an Robert, Aron, Freddy, Bastien, Aaron, Julian, Max, Micha, Constantin, Klaus und Christian. Die Oberliga und damit auch die Mission Wiederaufstieg warten schon auf uns!

Zum Abschluss noch die Endtabelle:

Mannschaft Sp MP BP BW
1. Sfr. Wolfhagen 11 22 62½ 266
2. SF Berlin 11 19 57½ 250½
3. SK Doppelbauer Turm Kiel II 11 15 46½ 208½
4. Hamburger SK II 11 13 47½ 215
5. SC Remagen Sinzig 11 12 49½ 222½
6. SV Werder Bremen II 11 10 42 198½
7. SK Zehlendorf 11 9 47½ 204½
8. HSK Lister Turm 11 8 43½ 197½
9. SG Porz 11 8 36½ 169
10. Aachener SV 11 7 32 159
11. SG Solingen II 11 5 34 153
12. SC Kreuzberg 11 4 29 132

2. BL: Kreuzberg im Abstiegskampf mit Remis gegen Aachen und Niederlage gegen Remagen

Die Ausgangslage vor diesem vorletzten Wochenende der Saison war schlecht, aber nicht hoffnungslos. Wir hatten die Saison über  Niederlagen gegen starke Teams kassiert und waren in der Tabelle mit 2 Mannschaftspunkten weit abgeschlagen, hofften aber aufgrund des freiwillig erzwungenen Abstiegs von Kiel II weiter auf unsere Chancen gegen die direkte Abstiegskonkurrenz. Zwei Teams müssten wir also im Tabellenkeller hinter uns lassen, um die Klasse zu halten. Glücklicherweise hatten wir einige der nominell und ihrem Tabellenplatz nach schwächeren Teams noch vor uns. Eines davon: Aachen.

Samstag: Zitterpartie gegen Aachen

Wir kehrten für dieses Wochenende an den Ort unseres Sieges gegen Hannover zurück, da auch die Schachfreunde die Ellen-Key-Schule in Friedrichshain für ihren Heimkampf nutzten. Wie schon gegen Hannover wurde sich auch in diesem Match absolut nichts geschenkt, denn auch Aachen musste sich noch Abstiegssorgen machen. Es ging Schlag auf Schlag los: Ein gesundheitlich angeschlagener Robert hatte mit Schwarz an Brett 1 einen schweren Stand und landete nach einigen Fehleinschätzungen in einer positionellen „Ruine“, die dann schnell in sich zusammenfiel. Aron an 2 schlug sich zunächst etwas besser, aber musste sich ebenfalls relativ früh gegen seinen großmeisterlichen Gegner geschlagen geben. Dafür nahm Julian seinen Gegner am Damenflügel und im Zentrum komplett auseinander und konnte noch vor der Zeitkontrolle einen Punkt holen. Zwischenstand: 1:2 für Aachen.

Aarons berühmte Endspielkünste trieben IM Lemmers von Aachen in die Verzweiflung und zur baldigen Niederlage.

Alle anderen Partien liefen über den 40. Zug hinaus. Consti hatte allerdings nach guter Eröffnung zwei absurde Patzer begangen, spielte pro forma eine komplett verlorene Position mit Qualitätsnachteil aus und verlor klar. 1:3, mit allen anderen Partien völlig offen. Unsere Hoffnungen schwanden weiter, als weder Freddy an 3 noch Bastien an 4 ihren materiellen Vorteil verwandeln konnten. Freddy hatte mit seinem Mehrbauer etliche taktische Drohungen seines Gegners pariert, hätte sogar einen 2. Bauern gewinnen können, verpasste aber die Gelegenheit und musste nach langem Endspiel Remis zulassen. Bastien hatte einen ganzen Damenflügel an Bauern mehr, aber sein Gegner konnte mit einem vorgerückten h-Bauern ausreichend Gegenspiel generieren und ebenfalls remisieren. Micha landete nach kreativem Eröffnungsspiel und zwischenzeitlicher Gewinnstellung in einem traurigen Endspiel mit Turm, Läufer und 2 Bauern gegen Läuferpaar und 4 Bauern. Sein Gegner war im langen Endspiel aber so freundlich, erst einen Bauern wegzustellen und dann auch noch auf einen der letzten Tricks von Micha reinzufallen. Dieser wob ein Mattnetz und rettete mit seinem unerwarteten Sieg Kreuzbergs Chancen auf zumindest ein Mannschaftsremis. Beim Zwischenstand von 3:4 waren, wie so oft in dieser Saison, alle Augen auf die letzte laufende Partie von Aaron an Brett 5 gerichtet. Dort konnten sie ein Meisterwerk in Endspieltechnik und Ausdauer bewundern, in dem Aaron aus relativ ausgeglichener Stellung mit Springer und Turm gegen Läufer und Turm Vorteil erspielte, und allen Pattfallen trotzend ein gewonnenes Turmendspiel sauber verwandelte. 4:4. Nicht das Ergebnis, auf das wir gehofft hatten, aber angesichts des spannenden Spielverlaufs fair. Alle hoffen nun inständig, dass es am Ende nicht auf den einen Mannschaftspunkt ankommen wird, den wir in diesem Match eventuell liegenließen.

Sonntag: Remagen lässt nichts anbrennen

FM Grötzbach – IM Maerevoet: Ein bisschen Spaß muss sein! Julians Ta2 provozierte einen Lacher und sieht vielleicht komisch aus, hatte aber mit Da1 gefolgt von a5 immerhin eine Idee. Leider bleibt die Eröffnung insgesamt etwas verhunzt und damit ein gutes Symbolbild für den gesamten Kampf.

Es ist Wahlsonntag und bei den Kreuzbergern herrscht um 7 Uhr völlige Aufregung: Robert fällt krank aus. Woher nehmen wir so kurzfristig Ersatz? Glücklicherweise ging Max kurz nach 7 ans Telefon und konnte spontan aushelfen. Freddy und Aaron waren zwar „untröstlich“ und „gebrochen“, da ihre wie immer exzellente Vorbereitung nun für die Tonne war, aber immerhin konnten wir mit acht Mann antreten.

Aron, nun unfreiwillig an Brett 1 befördert, spielte eigentlich eine positionell solide Partie, bis sein Gegner erst mit g5 und dann, nach einem kurzen Moment der Unaufmerksamkeit, mit e5 Arons Figuren zurückdrängte, das Zentrum öffnete und schlussendlich ohne größere Probleme gewann. Die Partie von Julian war, zumindest für ihn, ein Wechselbad der Gefühle: In der abgebildeten Stellung steht Julian mit Weiß schon etwas passiv, sodass ihm nur der kuriose, scheinbare Nullzug Ta2?! einfiel, welcher derart ungläubige Blicke seines Gegners erntete, dass aus Julians anfänglichem Grinsen über den Zug ein Lachen wurde. Als fairer Schachspieler geht man aber wie Julian zum Lachen nicht in den Keller, sondern vor den Spielsaal. Leider half die gute Stimmung nicht gegen die schlechte Stellung, die dann auch klar verloren ging.

Dubessay – GM Jaracz: Schwarz hat gerade mit 0. … Td8?? gepatzt – nach Te8! hätte Bastien aufgeben können. Doch so kam 1. Dxd8! Lxd8 2. Te3! und Weiß gewinnt. Es folgte 2. … Lh4 3. g3 Le7 4. Txe1 dxe1D 5. Txe1 mit Qualität mehr.

Die Leiden des SCK gingen weiter: Constantin geriet in scharfer Stellung schnell in Schwierigkeiten und verlor ebenfalls recht deutlich, während sein eröffnungstheoretisch überlegener Gegner zwischendurch Dehnübungen machte. Bei Aaron rächte sich die durchgewürfelte Eröffnungsvorbereitung, welche ihn in eine ihm unvertraute Struktur führte und die Partie kostete. Max, tiefenentspannt wie man ihn kennt, ließ sich auf ein chancenreiches Qualitätsopfer ein, welches viele schwächere Gegner allein über den sich verschärfenden Zeitdruck (Max konnte seine Züge quasi blitzen) in die Knie gezwungen hätte. Doch sein Gegner verteidigte die Drohungen gegen seinen König gekonnt und gewann letztlich mit seinem Materialvorteil die Oberhand. Micha ließ sich nach attraktivem Eröffnungsspiel langsam von seinem Gegner überspielen, bis diesem in Zeitnot ein fataler Fehler unterlief und ein Springer abhandenkam. Zum zweiten Mal dieses Wochenende ein Punkt für Micha, zum 2. Mal ein Comeback, richtig stark!

Nach der Zeitkontrolle, beim Verluststand von 1:5, verblieben also nur zwei Bretter. Bastien hatte zuvor eine brutale Partie nicht nur überlebt, sondern sogar dann dank eines Fehlgriffs seines Gegners komplett gedreht und gewann souverän mit Mehrqualität (siehe Diagramm). Freddy spielte eine saubere Partie, verrechnete sich aber im ausgeglichenen Endspiel, musste seinen Turm geben, versuchte noch über Freibauern ein Remis zu erschummeln und musste sich am Ende doch unglücklich gegen seinen GM-Gegner geschlagen geben. Der Endstand 2:6 war damit noch schmeichelhaft für uns, da die einzigen beiden Siege aus eigentlich verloren geglaubten Partien stammten.

Glückwunsch an Bastien (1,5/2, abgebildet) und Micha (2/2)!

Ausblick

Wir machen es mal wieder spannend! Jetzt gilt es, für die Partien gegen Porz und Solingen II am 22/23.03 die Moral hochzuhalten. Wir finden uns in der Situation von vor einem Jahr wieder und müssen erneut zwei Mannschaftskämpfe in Folge gewinnen, um auch nächstes Jahr 2. Bundesliga zu spielen. Wir haben dabei fast alles selbst in der Hand, da Solingen und Porz potenziell ebenfalls Abstiegskandidaten sind, die wir hinter uns lassen können. Es braucht also mal wieder ein kleines Wunder – aber dafür sind wir ja bekanntlich immer gut.

 

Der Tabellenkeller nach Runde 9: Wenn wir die Klasse halten wollen, müssen wir bei unseren schlechten Brettpunkten auf 7 Mannschaftspunkte klettern (3. Spalte von rechts).

9. SG Porz 1 2 2 5  + 9 6 28½ 138
10. Aachener SV 2 ½ 4  + 4 9 6 26 130½
11. SG Solingen II 1 4 3 4  + 9 4 27½ 125
12. SC Kreuzberg 2 ½ 3 3 2 1 4  + 9 3 22½   98

2. Schachbundesliga: Zweifache Niederlage für den SCK gegen Kiel II und Hamburg II

Nachdem wir hier vor zwei Wochen bereits bitter aus dem deutschen Mannschaftspokal ausgeschieden waren, fuhr der SCK zur 6. und 7. Runde der zweiten Bundesliga erneut nach Hamburg. Die Stimmung war gemischt, wir rechneten uns kaum Chancen gegen den HSK aus – gegen Kiel umso weniger, nachdem diese bereits am Freitag Hamburg sehr deutlich geschlagen hatten. Den im selben ICE-Wagon anreisenden, optimistischen Schachfreunden Berlin würde Kiel am Samstag sogar ein Mannschaftsremis abringen und damit den potenziellen Aufstiegsplatz streitig machen. Der für diese Jahreszeit in Hamburg übliche, dicke Nebel am Spielort passte also ganz gut zu unseren Erwartungen für das Wochenende.

Samstag, Runde 6: HSK II

Während die Wettkämpfe der 2. Bundesliga liefen, gab es im selben Saal an beiden Tagen je einen Kampf der ersten Schachbundesliga zu bestaunen. Leider lohnte es sich für St. Pauli für eine Einzelrunde wohl nicht, einen gewissen norwegischen GM einzufliegen. Wir hätten uns sicher nicht beschwert.

Kein Magnus, aber in der 1. Liga Flagge gezeigt: Vielleicht wäre so eine schicke Flagge auch eine Idee für uns Kreuzberger!?

Aber allzu viel Zeit zum kiebitzen gab es eh nicht, wir mussten ja schließlich selbst spielen. Und zwischenzeitlich sah der Kampf  besser aus als befürchtet, wir kämpften hart um jeden halben Punkt.

Die ersten fünf Bretter waren auch als erste fertig: An Brett 1 holte Robert ein souveränes Weißremis aus einer Position der Stärke, welches ihn erstmals über die 2400 Elo heben sollte (wichtig für den IM, wobei wir natürlich hoffen, dass Robert als Zugpferd weiterzieht und keine Punkte abgibt). Aron hatte am zweiten Brett bisher wenig Glück und fiel dem besseren Eröffnungswissen und einer starken Initiative seines Gegners zum Opfer. Freddy war wahrscheinlich der einzige von uns, der aus eigener Kraft einen Sieg hätte holen können. Gute Eröffnungsvorbereitung in einer gar nicht mehr so symmetrischen, englischen Eröffnung führten in ein Endspiel mit Doppeltürmen gegen Dame. Einen möglichen Gewinn verpasste Freddy in Zeitnot aber und musste sich mit Remis zufriedengeben. Bastien (Schwarz) und Aaron (Weiß) hatten ähnliche Strukturen auf dem Brett – während Bastiens aktiv angriff, Schwächen in Kauf nahm und verlor, drängte Aaron seinen Gegner mit ganz ähnlichen Ideen langsam zurück. O-Ton Aaron: „Wenn ich einfach nichts mache, ist das komplett Remis.“ Leider versuchte er, mehr rauszuholen, und verlor ebenfalls. Solche Karlsbad-Strukturen, gerade auch mit der Idee von entgegengesetzten Rochaden, scheint auch auf Top-Niveau gerade im Trend zu sein (siehe GM Daniel King zu einer aktuellen Partie aus Tata Steel Chess 2025).

Nach dem 40. Zug und der Zeitkontrolle stand es damit bereits 1:4 – und an den verbliebenen unteren drei Brettern sah es leider auch nicht besser aus. Julian verlor an Brett 6, während Micha an Brett 7 aus einer vielversprechenden Eröffnung nicht mehr als ein Remis rausholen konnte. Er musste dabei im Endspiel sogar noch höllisch aufpassen – aber das muss man auf diesem Niveau immer, die Gegner versuchen hier alles.

An Brett 8 spielte Constantin wohl die absurdeste Partie des Matches: Nach gutem Eröffnungsspiel mit Schwarz versuchte er sich in Taktiken und verrechnete sich prompt. Vor die Wahl gestellt, mit Turm gegen 2 Leichtfiguren oder mit einem Springer weniger zu spielen, entschied er sich für letztere Option, da diese die Damen und die Initiative auf dem Brett hielt. In der Folge machte er seinem Gegner das Leben schwer und spielte echte Remischancen raus. In finaler Zeitnot machten dann beide Seiten Fehler, bis nur noch ein Dauerschach möglich schien – doch beim verzweifelten Versuch, noch einen Mattangriff zu finden vergaß Weiß seine Zeitnot, zog eine Sekunde zu spät und verlor auf Zeit.

Dieser etwas unverdiente Sieg verbesserte das Endergebnis der Mannschaft auf 2,5:5,5 und sorgte sowohl für eine unterhaltsame nachträgliche Analyse im Hotel, als auch später die dazu passende Diskussion, ob man Magnus Carlsen mit Springerhandicap in einer klassischen Partie schlagen könnte (Konsens: ab 2000-2200 Elo aufwärts wahrscheinlich ja).

Sonntag, 7. Runde: Kiel II

Wir fühlen uns eigentlich als junge und dynamische Truppe, was bei einem durchschnittlichen Alter von Ende 20 in den meisten Schachligen sicher auch gerechtfertigt wäre. Die Spieler von Kiel aber lagen im Schnitt nicht nur gefühlt knapp 10 Jahre darunter. Kein Wunder also, dass diese Jungs die Liga ordentlich aufmischen. Zusätzlich zu dieser starken Gegnerschaft waren wir an diesem Sonntag auch nicht mehr so selbstbewusst wie noch zu Beginn der Saison. Kaum jemand kann viele Niederlagen in Folge spurlos wegstecken, egal wie stark die Gegner sind. Trotz dieser Aussichten und morgendlichem Galgenhumor sollte sich ein erstaunlich knapper Kampf entwickeln.

Dabei half sicher, dass Kiel an Brett 8 etwas ersatzgeschwächt war, sodass Constantin mit Weiß gegen einen etwas überambitioniert spielenden Gegner schnell einen Bauern, zwei Bauern und letztlich eine Qualität mehr hatte, was für den späteren Sieg ausreichte. Aron spielte an Brett 2 eine hochqualitative Partie mit vielen Feinheiten und schöner Pointe zum Schluss (siehe Diagramm 1). Wir alle gönnen Aron diesen Sieg nach einer bisher sehr harten Saison mit einem gegnerischen Eloschnitt von über 2500.

Moritz – Olsen: Schwarz spielte nach Arons 1. Sd4 das langersehnte 1. …Sxe5?,  rechnete aber nicht mit 2. Sxc6!, woraufhin die Dame wegen … Sxg4 3. Sd8!+ Kb8 4. Ld6+ Ka8 5. Tc8# unantastbar ist und die schwarze Verteidigung nach 1. … Sxc6 2. Dd4! wie in der Partie zerfallen muss.

In den restlichen Partien lief es allerdings weniger gut: Robert schaffte es mit Schwarz in der Eröffnung nicht, seinen Damenflügel in die Partie zu bringen und verlor. Freddy hielt gegen seinen 14-jährigen (!) Namensvetter FM Frederick Gordon lange gut mit, wusste am Ende aber selbst nicht ganz, wo er falsch abgebogen war – ein Gefühl, dass jeder von Niederlagen gegen starke Spieler nur zu gut kennt. An Brett 4 kämpfte Bastien mit Weiß gegen einen zähen Benoniaufbau, ging voll ins Risiko, musste den gegnerischen Durchbruch mit b5! zulassen und nach unausweichlichem Figurenverlust aufgeben.

Eine der aussichtsreichsten Partien des Tages spielte erneut Aaron an Brett 5: Sein Gegner war in der Eröffnung etwas zu gierig, sodass Aaron mit Schwarz 30 Minuten mehr auf der Uhr hatte – und obendrein eine vielversprechende, aktive Stellung mit Schwächen rund um den weißen König erreicht hatte. Im taktisch nicht einfachen Mittelspiel verzettelte er sich allerdings etwas und geriet in eine schlechtere, aber vielleicht noch haltbare Stellung. Inzwischen in beidseitiger Zeitnot, fand sein Gegner aber einen starken taktischen Schlag, der die Partie auf der Stelle beendete (siehe Diagramm 2).

Holtel – Matthes: 1. Sd7!! Ist ein schönes Räumungsopfer und Gabel zugleich. Nimmt man den Springer fällt der Turm dank 2. Dxe6+; 1 … Dd8 scheitert nach 2. Sf6+ am Grundreihenmatt. Hätte Aaron zuvor seinen König nach h8 statt g8 gezogen, wäre vielleicht noch eine Verteidigung möglich gewesen.

Das Ergebnis kurz nach der Zeitkontrolle war also 2:4 – ähnlich wie gegen Hamburg spielten sowohl Micha als auch Julian noch. Leider fanden sich beide in leicht schlechteren Endspielen wieder, die kaum Chancen für einen Sieg boten. Micha verteidigte sauber mit schlechtem Läufer gegen einen vermeintlich guten Springer bis zum Remis. Julian fand im Turmendspiel Aktivität auf der 7. Reihe, sodass sein Gegner Zugwiederholung einem Showdown vorzog. Zwei Remis zum 3:5. Der Endstand zeigt dabei erneut, dass wir auch mit den besseren Mannschaften der Liga mithalten können, wenn wir einen guten Tag (und ein bisschen Glück) haben.

Wo wir gerade bei guten Tagen waren: Davon brauchen wir am 22.02 und 23.03 dringend welche. Es wird für uns nach ungünstigen Ergebnissen in den anderen Wettkämpfen nämlich langsam einsam im Tabellenkeller. Die Kämpfe an den genannten Wochenenden gegen Aachen und Solingen II werden hammerharte Abstiegskrimis, aber wir sind bekanntlich immer für eine Überraschung gut. Einzelergebnisse der Wettkämpfe finden sich wie üblich beim Ergebnisdienst.

Ungebrochen schachsüchtig: Analyse der 2. Partie von Bastien auf der Rückreise.

DPMM: Kreuzberg gewinnt, remisiert und fliegt raus

Nach eher glücklicher Qualifikation im letzten Jahr fuhren wir an einem kalten Januarwochenende mit einer spielstarken 4er-Mannschaft zur Vorrunde der deutschen Pokalmannschaftsmeisterschaften nach Hamburg. Eigentlich hatten wir hier bisher gute Erfahrungen gemacht: Letztes Jahr gelang uns in Eppendorf immerhin der Aufstieg in die 2. Bundesliga! Aber Knockoutturniere haben ihre ganz eigene Logik, und in Blankense begrüßten uns statt Binnenalster und Innenstadt eher Villenviertel, Minusgrade und ausfallende Busse.

Doch widrige Erfahrungen schweißen bekanntlich zusammen, sodass Freddy, Aaron, Michael und Constantin hochmotiviert zur ersten Runde gegen Norderstedt antreten konnten. Angesichts unserer starken Gegner und drohendem vorzeitigen K.O. witzelten wir vor der Runde schon, ob wir dann Samstagnacht einfach durchfeiern könnten. Doch unsere Sorgen waren unberechtigt, denn in allen Partien waren wir klar am Drücker: Micha gewann souverän, und alle Anderen erarbeiten sich vorteilhafte Endspiele ohne Risiko. Aaron hatte vorher noch eine schöne Taktik verpasst (siehe Diagramm) und musste sich letztlich mit Remis zufrieden geben. Constantin konnte sein Damenendspiel mit Mehrbauern nicht verwerten, während Freddy seinen Gegner ohne Gnade mit Turm und Läufer gegen Turm überspielte. 3:1, die Reeperbahn musste warten.

Leider lief dann am Folgetag ausgerechnet gegen Potsdam so einiges schief: An den unteren beiden Brettern gewannen Constantin und Aaron mit Ach und Krach gegen nominell schwächere Gegner. Währenddessen kämpften an den oberen beiden Brettern Freddy und Micha beide in hochtaktischen Benoni-Strukturen gegen ebenbürtige Gegner und verloren unerwartet beide Partien. 2:2. Wer jetzt an Stichkampf denkt, hat nicht mit der Berliner Wertung gerechnet, die Siege an den vorderen Brettern stärker gewichtet. Aus der Traum von der nächsten Runde.

Wir reisten zwar denkbar geknickt ab, einigten uns auf der Rückfahrt aber darauf, dass wir jetzt alles Pech schon verbraucht haben und optimistisch in unseren anstehenden 2. BL Spieltag in Hamburg gehen können. Also gilt in zwei Wochen: Neues Spiel, neues Glück!

Details finden sich wie üblich beim Ergebnisdienst des DSB.

Kopylov-Matthes. Schwarz am Zug erlangt großen Vorteil mit … Le5! (Lg5 funktioniert nicht, da es den Td6 nicht deckt). Auf Dg4 und Dh5 folgen dann f5 und g6 – das Feld f3 ist nicht zu decken und Weiß muss eine Qualität geben.

4. und 5. Runde in der 2. Bundesliga: Kreuzberg mit harten Kämpfen bei Wolfhagen und Werder Bremen II

Intensive Vorbereitung Freitagnacht

Schach ist bekanntlich ein fabelhaftes Spiel. Und so sollte es sich begeben, dass im schneebedeckten Winterwunderland Nordhessen, der „Gebrüder Grimm Region“, an diesem Januarwochenende vom 11. und 12.01 ganz traumhaftes Schach gespielt wurde. Wir von der 1. Mannschaft des SCK hofften auf ein Wintermärchen gegen ein höchstkarätig besetztes Wolfhagen und ein ebenfalls favorisiertes Werder Bremen II. Gerade letzteres Match hatte dabei hohe Relevanz für unseren Kampf um den Klassenerhalt.

Es stand also einiges auf dem Spiel, das war uns klar. Und was war dann, nach langer abendlicher Anreise am Freitagabend, eine unserer ersten Amtshandlungen? Schneeballschlachten und Rodeln! Natürlich wurde auch fleißig vorbereitet, aber der Spaß kam bei dieser Doppelrunde nicht zu kurz.

Samstag: Wolfhagen

Bei schönstem Wetter sollten wir also in der Stadthalle Wolfhagen aufspielen. Insgesamt 4 hochkarätig besetzte Mannschaftskämpfe aus der Oberliga und 2. Bundesliga fanden parallel statt, was auch einige Zuschauer anzog. Die Aufstellung der Wolfhager verriet, dass sie im Gegensatz zu uns nicht um den Klassenerhalt kämpfen müssen: 7 GM und ein IM mit fast 2500 Elo, davon zwei Spieler aus den Top 100 der Welt. Die Wolfhager, welche seit ca. 10 Jahren konstant von Liga zu Liga aufgestiegen waren, waren von Saisonbeginn an großer Favorit für den Aufstieg in die 1. Bundesliga. Unsere Erwartung war daher eher mäßig, aber schon ein ganzer Punkt wäre eine Steigerung gegenüber unserem Match aus Runde 1 gegen die Schachfreunde.

Es ging wie erwartet los: An Brett 8 verlor Constantin schnell nach fragwürdigen Französischflausen – es ist kein gutes Zeichen, wenn der Gegner nach einer vermeintlichen „Eröffnungsüberraschung“ eine Minute nach rechts oben schaut und die mit Abstand beste Antwort erinnert. Aaron an Brett 5 erreichte wie schon gegen die Schachfreunde ein souveränes Remis mit Weiß nach gekonnter Abwicklung in ein todsicheres Turmendspiel.

Namensverwandter Aron hatte an Brett 2 weniger Glück und erreichte zwar eine solide Auffangstellung aus Eröffnung, aber opferte quasi seine gesamte Bedenkzeit auf und lebte vom Inkrement, während sein Gegner GM Kuzubov mehr Zeit als zu Beginn der Partie hatte. Dieser probte tiefenentspannt etliche Züge und Manöver, fand kurz vor dem 40. Zug eine findige Taktik und gewann eine Qualität in besserer Stellung.

Spielort in Wolfhagen (nahe Kassel)
Brett 3: Dathe – Onischuk. Freddy leitet gerade seinen Angriff ein, der mit Sxf5, Dg4, Ld4, und später noch Se4 weitergeht.

Apropos Zeitnot: In den übrigen 5 Partien wurden mit wenigen Minuten auf der Uhr völlig offene Feldschlachten mit unklarem Ausgang geschlagen. Die einzige Ausnahme war Freddy, welcher eine meisterhafte Partie gegen GM Onischuk spielte. Sein Gegner spielte in schlechterer Stellung zweischneidig auf Sieg, was Freddy mit einem sauber berechnetem Qualitätsopfer beantwortete, welches ihm Königsangriff, den Gewinn von zwei glatten Bauern und eine Abwicklung ins Endspiel belohnt (siehe Diagramm).  Dies sollte Freddy dabei nicht den vollen Punkt, sondern auch einer Leibesvisitation durch die Schiedsrichter einbringen, welche allerdings bis auf ein Deo im Rucksack keine verdächtigen Gegenstände finden konnten. Allgemeine Erheiterung. Hätte er eine Engine benutzt, wäre ihm wahrscheinlich im 26. Zug das geniale Sd5!! nicht entgangen (Partie auf Lichess), was für Normalsterbliche aber praktisch nicht zu berechnen ist.  Obendrein darf sich Freddy durch diesen Sieg aller Voraussicht nach auch auf den FM-Titel freuen. Die Daumen sind gedrückt, dass es schon reicht!

Die weiteren Partien sahen leider weniger gut für uns aus: Nach kompliziertem Eröffnungskampf mit einem taktischen Schlagabtausch musste sich Bastien an Brett 4 geschlagen geben. Micha setzte sich an Brett 7 gegen starkes Eröffnungsspiel seines Gegners leidlich zur Wehr, zog dann aber in den Vereinfachungen kurz vor Zug 40 den Kürzeren. Julian erreichte aus der Eröffnung komfortabel Ausgleich, aber die Klasse seines Gegners zeigte sich im in Zeitnot aufkommenden Endspiel, bis letztlich ein Springer das Zeitliche segnete.

Glantz – Volokitin. Robert fand mit Kf5! die korrekte Fortsetzung. Kf6? verliert gegen .. Kf4! von Schwarz

Spektakulär war hingegen die Verteidigungsleistung von Robert gegen die Nummer 87 der Welt, GM Volokitin, welche sich über fünf Stunden hinzog. Diese Anstrengungen wurden mit einem völlig ausgeglichenen Läuferendspiel belohnt, doch der Weltklassegegner versuchte sein Möglichstes und vereinfachte in ein Bauernenspiel, in dem er sich schon siegessicher wähnte. Robert zeigte seine exquisiten Endspielkünste, erreichte die Diagrammstellung und bewegte seinen König auf das korrekte Feld. Erst nach beidseitiger Umwandlung und Damentausch sah sein Gegner dann ein, dass zwei Könige sich nicht gegenseitig Matt setzen können – Remis. Und trotz Matchverlust insgesamt 2 sehr respektable Brettpunkte für Kreuzberg. Ergebnisse Runde 4 beim Ergebnisdienst

Sonntag: Werder Bremen II

Nach konzentrierter Vorbereitung am Vorabend ohne wildes Tollen im Schnee machte sich unser verschlafenes Team auf in den Kampf gegen Werder Bremen II. Beide Mannschaften traten mehrheitlich im formschönen Vereinsdress auf (siehe Mannschaftsbild unten, noch sind Restbestände zu haben).

Für die 5. Runde waren unsere Erwartungen höher, und es entwickelten sich wie erhofft ähnlich spannende und offene Partien wie gegen Wolfhagen. Diesmal erwischte das „Französisch-Roulette“ Micha an Brett 7 mit Schwarz: Wieder kannte sich sein Gegner gut in der Eröffnung aus und ein einziger Fehltritt erlaubte seinem Gegner einen unaufhaltbaren Mattangriff. 0:1. Constantin leitete wie üblich ab Zug 5 einen chaotischen Kampf ein, fand aber nach zwei Fehlern seines Gegners die bessere Abwicklung ins Mittel- und dann Endspiel, in dem alle gegnerischen Figuren dominiert waren und ein Randbauer munter durchlief. 1:1. Aron hatte an Brett 2 mit Weiß im Franzosen imposantes Figurenspiel entwickelt, konnte aber dem gedoppelten Freibauern im Zentrum seines Gegners nicht beikommen. 1:2. Bastien erreichte mit Weiß ein solides Remis, während Julian aus ebenfalls solider Stellung mit Schwarz leider verlor. Vielleicht wirkten bei einigen von uns noch die Kopftreffer von Schneebällen nach, die wir uns Freitag eingehandelt hatten. So oder so, es stand inzwischen 1,5:3,5 – eine weitere Niederlage konnten wir uns nicht erlauben.

Brett 5: Aaron kämpft im Endspiel um den Sieg – Damen und ungleichfarbige Läufer erschwerten dies ungemein.

Es verblieben noch Robert, Aaron und Freddy. Robert verzauberte uns erneut und verwandelte seine Bauernübermacht in einem Endspiel mit ungleichfarbigen Läufern in einen vollen Punkt – dank dieses Schwarzsieges blieben wir mit 2,5:3,5 dran. Ungleichfarbige Läufer waren auch bei Aaron auf dem Brett – ebenso Damen und ein Mehrbauer! Er versuchte in seiner 5,5h Partie alles, musste aber am Ende doch ein Dauerschach zulassen. Remis. Zwischendurch hatte leider auch Freddy an Brett 3 wegen eines übersehenen Damenzugs seine vielversprechende Partie in ein verlorenes Endspiel abwickeln müssen und damit das Endergebnis von 3:5 besiegelt. Dies bedeutete Matchverlust und den letzten Tabellenplatz für uns. Parallel hatte Wolfhagen knapp die Schachfreunde im Spitzenmatch geschlagen und feierte schon den Aufstieg vor. Ergebnisse Runde 5 beim Ergebnisdienst

Fazit: Wir haben dieses Wochenende zwar deutlich über unsere Elo-Verhältnisse gespielt, aber leider auch nicht das benötigte Wintermärchen erreicht. Für uns Amateure war es wirklich eine gute Leistung gegen immerhin 8 GM, 6 IM und 2 FM.  Statistisch hätten wir für das gesamte Wochenende 3 Brettpunkte erwartet, haben aber nicht zuletzt dank Freddys Glanz- und Roberts „Glantz“leistung 5 Punkte geholt. Beachtenswert ist auch die Solidität von Aaron, der diese Saison konsequent 50% der Punkte gegen jeden noch so starken Gegner erarbeitet. Trotz letztem Platz und harter Partien war die Stimmung auf der Rückfahrt gut. Wir hatten eine Menge Spaß bei der Sache und hoffen, diese Stimmung in die weiteren Wettkämpfe der Saison mitnehmen zu können.

Die Mannschaft voller Vorfreude vor der 1. Runde (mit Maskottchen)

 

2. Bundesliga die Zweite: SCK gewinnt ersten Mannschaftskampf

Neues Spiel, neues Glück! Nach unserer deutlichen 0,5:7,5 Heimniederlage richteten wir am Wochenende des 30.11 und 01.12 nun erneut einen 2. Schachbundesliga Spieltag aus, genau genommen sogar eine Doppelrunde. Wir und unsere Reisepartner von den Schachfreunden Berlin würden jeweils den SK Zehlendorf und den HSK Lister Turm begrüßen dürfen (Obacht: HSK = Hannover, nicht Hamburg). Ausgerichtet wurde der Kampf aufgrund der Bestimmungen der 2. Bundesliga (alle Partien in einem Raum, jede einen eigenen Tisch…) in der Ellen Key Schule mitten im lebendigen Stadtteil Friedrichshain. Wir danken der Schulleitung sehr für das unkomplizierte Bereitstellen dieses hervorragenden Austragungsortes.

In unserer ersten Runde ging es gegen den SK Zehlendorf, welcher mit starker Besetzung gegen uns antrat. Relativ früh wurde klar, dass wir unter Druck standen: Constantin hatte in der Eröffnung geschlafen und stand ab dem 14. Zug auf Verlust. Micha hatte mit Weiß einen farbvertauschten Sizilianer auf dem Brett, in dem er mit ambitionierten Bauernzügen das Zentrum öffnete, aber schnell Material hinten lag. Beide Partien gingen relativ deutlich verloren. Wo wir schon bei vertauschten Farben sind: Robert (Schwarz) und Aaron (Weiß) spielten kurioserweise lange Zeit exakt die gleiche Eröffnung. Diese scheint allerdings für Weiß nicht besonders gut zu sein: Während Robert mit vorsichtigen Verteidigungszügen ein Remis holte, verpuffte Aarons Angriff am Königsflügel schnell, sodass sein Gegner das Zentrum und den Damenflügel dominieren konnte und letztlich einen weiteren Punkt für Zehlendorf sicherte. Eine der vielen Tragödien des Tages spielte sich bei Freddy an Brett 2 ab: Aus der Eröffnung stand er mit Weiß extrem vielversprechend bei einem Zeitverhältnis von 30 zu 30. Wohlgemerkt, 30 Minuten für ihn zu 30 Sekunden für seinen Gegner. Spätere Analysen zeigten einige Wege in ein vielversprechendes Endspiel, doch Freddy ließ sich im Mittelspiel ausdribbeln und gab am Ende gar den ganzen Punkt ab. Damit stand es bereits 0,5:4,5, der Kampf war verloren.

Unsere Bretter 2-4 mussten am Samstag gegen Zehlendorf schwer nachdenken. Wenigstens konnten sie dies in angenehmster Atmosphäre tun.

Die drei noch laufenden Partien sahen zwar alle gut aus, doch unser Leiden sollte kein Ende haben: Klaus spielte eine dominante Partie mit Mehrqualität, fiel aber spät auf einige Tricks und eine schöne Mattkombination seines Gegners herein. Julian war genau in seinem Element, spielte eine dynamische Partie mit Dame und Läuferpaar gegen zwei Springer und Turmpaar. Letztlich vergab auch er eine gewonnene Stellung, die sein Gegner mit einem ungewöhnlichen Damenfang drehte. Bastien spielte eine Partie mit Höhen und Tiefen, vergab eine zwischenzeitlich gewonnene Stellung und holte im folgenden Endspiel trotz der gegnerischen Bauernübermacht Remis (siehe Abbildung). Dieses Endspiel war so merkwürdig, dass ein Mitspieler innerhalb von 5 Minuten zweimal seine Meinung änderte (“Wenn das nicht für Weiß gewonnen ist, kann ich kein Schach spielen” – “OK, vielleicht gewinnt jetzt sogar Schwarz”). Glückwunsch an Zehlendorf für einen verdienten Sieg – dass mit 1:7 es so deutlich ausgeht, hätte während der Runde keiner von uns gedacht. In unserem Galgenhumor witzelten wir schon, dass 1 voller Punkt im Vergleich zu den Schachfreunden schon eine 100%ige Steigerung darstellen würde – vielleicht könnten wir ja gegen Hannover nochmal um 100% auf 2 Punkte steigern. Also machten wir uns früh ab nach Hause und setzten uns an die Vorbereitung.

Bastien (Schwarz und am Zug) fand hier gegen Zehlendorf den Remisplan: Königsmarsch nach g3 und Mattangriff!

Doch Lister Turm schlug uns ein beträchtliches Schnippchen. Wir gingen blind davon aus, dass unsere Gegner mit der gleichen Aufstellung antreten würden, sie waren ja schließlich extra angereist. Unsere Gegner setzten jedoch ihr zuvor fehlendes Brett 2, was uns überraschte und unsere Vorbereitung wertlos werden ließ. Hut ab!

Diese 3. Runde hatte einiges zu bieten und lief deutlich besser an als am Vortag: Freddy holte mit Schwarz aus einer dubios aussehenden Sizilianischstellung das Maximum raus und überspielte seinen Gegner in aufkommender Zeitnot. Robert und sein Gegner lieferten sich ein solches Theorieduell, dass sein Gegner schon rund um Zug 10 eine volle Stunde nachgedacht hatte. Scheinbar lohnte sich aber der Zeiteinsatz, denn schon relativ bald danach musste sich Robert gegen das erstarkende Läuferpaar des Gegners geschlagen geben. Bastien machte mit Weiß ein schnelles Remis – sein Gegner war bis einen Zug vor Partieende in seiner Vorbereitung. Ein weniger schnelles Remis kam bei Julian aufs Brett, der mit einigen geschickten Ideen (Turmschwenk!) Vorteil rausgeholt, aber nicht ganz verwerten konnte und ein Dauerschach zulassen musste. Micha holte den nächsten Schwarzsieg mit Königsangriff und taktischem Qualitätsgewinn in einer seiner geliebten Isolanipositionen. Klaus hatte weniger Glück und verteidigte lange eine etwas gedrückte Stellung mit Minusbauern, die er letztlich nicht mehr retten konnte. Constantin hatte nach einem positionell schönem Mittelspiel seinen Gewinnvorteil wieder verspielt, aber in ein Endspiel mit minimalem Risiko abwickeln können und wartete auf das Ergebnis von Aaron. Der Stand war 3:3, es hing also alles von dieser Partie ab, in der Aaron über einige Umwege in einer wilden, unklaren Französischstruktur gelandet war.

Aaron kurz vor seinem entscheidenen Sieg in der 2. Runde gegen Lister Turm.

Nach einem Patzer seines Gegners gewann er 2 Figuren gegen einen Turm, brachte sich aber in Zeitnot in ein etwas unglückliches Endspiel. Doch sein Gegner verpasste die Gelegenheit zum Ausgleich, ließ Aarons König aktiv werden und verlor die Partie. Der dritte Schwarzsieg für den SCK besiegelte damit den Sieg, denn Sekunden später machte Constantin in seiner Wartestellung das Remis zum Endstand von 4,5:3,5. Advent, Advent, das Lichtlein der Hoffnung auf Klassenerhalt brennt. Sogar das Ligaorakel gibt uns dafür inzwischen eine 5% Chance – letzte Saison schafften wir den Aufstieg mit unter 1%. Die nächsten Runden im hessischen Wolfhagen finden im Januar statt und werden für uns die Gelegenheit bieten, uns mit “ein paar” GMs zu messen. Parallel gewannen die Schachfreunde im Übrigen ihre beiden Kämpfe – wir bekamen davon allerdings bis auf einen etwas zu temperamentvoll durch den Raum geworfenen Kugelschreiber vergleichsweise wenig mit. An dieser Stelle nochmals vielen Dank an die Ellen Key Schule für diesen fantastischen Austragungsort und an Andreas Dathe für das Herstellen des Kontakts. Dank gebührt ebenfalls Brigitte, Julian, Matthias und Sibylle für die tatkräftige Unterstützung, ohne die dieses gelungene Wochenende so nicht möglich gewesen wäre.

 

Tabelle und Einzelergebnisse finden sich wie gehabt bei schachbund.de

 

2. Bundesliga die Erste: SCK – Schachfreunde Berlin

Nach vielen Aufstiegsfeiern und langem Warten ging es am Sonntag endlich los: Der SC Kreuzberg spielt in der 2. Bundesliga!

Und gleich zu Beginn erwartete uns das Berlin-Derby gegen unsere zukünftigen Reisepartner, die Schachfreunde Berlin. Während wir laut Ligaorakel nur mit minimalen Chancen auf Klassenerhalt rechnen dürfen, spielen die Schachfreunde als einer der klaren Favoriten um den Aufstieg in die Bundesliga. Dennoch starten wir topmotiviert (und vielleicht auch ein bisschen aufgeregt) in die Saison, es gibt schließlich nicht viel zu verlieren. Allein die Vorbereitung auf unseren Gegner sollte sich ob dessen tiefen Kaders als Herausforderung darstellen. Während manche mit, Zitat, “0” Vorbereitung in den Spieltag gingen, hatten andere den richtigen Riecher und am Ende 7 von 8 Gegner richtig getippt. Falls es also diese Saison schachlich bei uns nicht so laufen sollte, könnte Julian immerhin als Manager bei der Konkurrenz weitermachen ;)

Zahlreiche Zuschauer besuchten uns zur 1. Runde – die Marke Bundesliga scheint zu ziehen!

Während wir mit zwei Ersatzleuten an den Start gingen, spielten die Schachfreunde mit einem bunten Mix ihres Kaders auf, dessen Eloschnitt immer noch näher an der 2500 als der 2400 lag. Immerhin hatten wir ein Heimspiel in Kreuzberg und damit die Zuschauer sicherlich auf unserer Seite. An dieser Stelle sei nicht nur Spielern und dem Orgateam vom Verein gedankt, sondern auch den zahlreichen Zuschauern, die unsere Begeisterung für Schach mit uns teilen.

Es ging eigentlich ganz gut los für uns, mit vielen umkämpften Stellungen und interessanten Partien. Nach einem relativ frühen Remis von Aaron an Brett 4 gegen GM Baldauf, bei dem sogar noch mehr drin gewesen wäre, hätte man noch optimistisch sein können. Dann jedoch kamen die Einschläge mit Niederlagen an Brett 7 und 6: Consti hatte einen Eröffnungsfehler im Franzosen von GM Polzin nicht konsequent ausgenutzt und eine strategisch verlorene Stellung eigentlich fast noch in ein ausgeglichenes Endspiel gerettet. Die Betonung liegt hier auf “eigentlich” und “fast”. Micha trickste seinen Gegner aus, rochierte mit Weiß in einer Carlsbadstruktur nicht und spielte einen furiosen Königsangriff am Königsflügel von IM Schmidek auf. Dieser verteidigte in großer Zeitnot ressourcenreich und gewann schließlich auch taktisch am eigentlich unter Druck geratenen Königsflügel die Oberhand. Zeitnot spielte auch an Brett 8 eine Rolle, wo Klaus seinem jungen Gegner FM Dotzer alles abverlangte. Dieser glich die Partie zunächst mit dem positionellen Zug … Ld4!? aus (siehe Bild), dessen taktische Begründung in der späteren Analyse allen Anwesenden Respekt abverlangte. Auch dank der Zeitnot seines Gegners erkämpfte sich Klaus dann wieder Ausgleichschancen in einem Damenendspiel, musste sich am Ende aber doch geschlagen geben.

 

Brett 8: Klaus mit großem Zeitvorteil, doch sein Gegner hat gerade alle seine Probleme gelöst

 

Aron an Brett 2 spielte eine dynamische Partie mit einer exzellenten Stellung. Auch hier übernahm sein Gegner GM Vavulin aber in Zeitnot mit taktischen Drohungen gegen den König die Kontrolle und gewann eine spannende Partie. Brett 3 und 1 gingen jeweils tief ins Endspiel. Freddy spielte eine hochklassige Najdorf-Partie bis in ein Endspiel mit Minusbauern, in welchem sich leider der schwarzfeldrige Läufer am Ende schwächer als der starke Springer auf d5 erwies. Robert litt von uns allen am längsten in einem ausgeglichenen Läufer vs. Springer Endspiel, in welchem GM Tomczak keine Gnade hatte und sich erst im 76. Zug einen gewinnbringenden Vorteil erarbeiten konnte. Seine Partie war insofern ein Sinnbild für den ganzen Kampf: Das Ergebnis von 0,5:7,5 fiel am Ende klar aus, verschweigt aber, wie spannend viele der Partien waren.

Brett 1, Tomczak vs. Glantz: Bisher hat Robert tapfer verteidigt. Schwarz am Zug retten aber nur … Le2! und … Kg5! – aber auch dann ist es bis zum Remis noch ein langer Weg.

Wir können dennoch erhobenen Hauptes in die kommenden Spiele gehen, denn gegen die Schachfreunde haben wir am Ende realistisch nicht viel mehr als schöne Partien und Spaß am Spiel erwarten können. Weiter geht es dann am 30.11 mit der ersten Doppelrunde der Saison, welche wir in Berlin ausrichten werden. Das sollte genug Zeit sein, um unsere Moral wieder aufzubauen und unsere Chancen auf den Klassenerhalt zu erhöhen.

Zum Schluss noch die Einzelergebnisse in der Übersicht, weitere Details finden sich wie gewohnt beim Ergebnisdienst.

SC Kreuzberg ½ SF Berlin
1 FM 2391 GER Robert Glantz 0 : 1 Jacek Tomczak POL 2584 GM 2
2 FM 2280 GER Aron Moritz 0 : 1 Maxim Vavulin GER 2540 GM 5
3 2256 GER Frederick Dathe 0 : 1 Jan Klimkowski POL 2477 IM 6
5 CM 2204 GER Aaron Matthes ½ : ½ Marco Baldauf GER 2484 GM 7
6 FM 2189 GER Julian Grötzbach 0 : 1 Ilja Schneider GER 2449 IM 8
8 2275 GER Michael Strache 0 : 1 Emil Schmidek GER 2439 IM 9
9 2184 GER Constantin Vogel 0 : 1 Rainer Polzin GER 2411 GM 13
12 FM 2205 GER Klaus Lehmann 0 : 1 Lukas Dotzer AUT 2407 FM 15