DSOL – Mehr Glück als Verstand

Mit seinem 2020er Buch “The complete chess swindler” sammelte der Australische GM David Smerdon nicht nur viel amüsiertes Lob, sondern vor allem zahlreiche Beispiele erfolgreicher Schwindelversuche und unternahm den durchaus ernstgemeinten Versuch, Muster darin zu entdecken, wie GMs den Karren noch aus dem Dreck ziehen. Ausführlich widmet er sich darin auch den hochkreativ-unbrauchbaren Ideen seines Bremer Mannschaftskollegen Olaf Steffens, der wiederum auf Chessbase Woche für Woche die Deutsche Schach Online Liga kommentiert. Zu SCK gegen Zehlendorf in der sechsten Runde fiel ihm etwas mit Union & Hertha ein (sorry Helmut, Union nehmen wir), Arthur Hoppe bekam auch noch ein Sonderlob für seinen Nick, aber nun zurück zum Thema.

Nach dem 3.5 – 0.5 standen wir plötzlich auf Tabellenplatz 1 und in der letzten Runde am Mittwoch reichte ein 2:2 gegen die SV Oer-Erkenschwick aus dem Münsterland. Das fing auch zunächst top an, Andrej Krenek legte mit Schwung vor – 1:0. Dann verzettelten sich aber sowohl Arthur als auch Momme in eigentlich brauchbaren Stellungen zum 1:2.

Und der Autor hatte ebenso zielstrebig seine Weißpartie zur Aufgabereife gebracht. 38. h4 war beim Stand von dann noch 1:1 der eigentlich alberne Versuch irgendwas in Richtung Dauerschach zu werfen. Das eh zu wenig gewesen wäre. Aber hier gibt es absolut nichts zu ernten.
15 Züge später sah das dann so aus. Weiter gings: 54. Db7+ Danach schreibt Stockfish -68 auf, was auch immer das bedeutet. 54… Kh6 55. g5+ Kxg5 55 De7+ Kf5. Wenn die Schachs ausgehen oder die Damen getauscht werden hilft Weiß nur noch der Disconnect, für Schwarz gilt also ab zur eigenen Dame und den Bauern. Da wird sich schon ein Plätzchen finden. 57. Df7+ Ke5 (gehe nicht über e4…) 58. De7+ Kd4 59. Db4+ Ke3 60. Da3+.
Stand inzwischen 1:2. Gleich 1:3 und Schluss. Es folgt:

61. … Ke2 – Ächz…

62. Df3+ Ke1 63. Df2+ Kd1

Df1#. 1-0. 2:2. Dreckig. Egal. Viertelfinal.

Punkt- und Brettpunktgleich mit den Verfolgern.

 

3 Gedanken zu „DSOL – Mehr Glück als Verstand“

  1. “Danach schreibt Stockfish -68 auf, was auch immer das bedeutet.”

    Vielleicht kann das ja jemand beantworten. Warum bewerten Engines eine Stellung mit -68 ???
    Haben selbst die besten Engines hier nicht noch einen blinden Fleck? Nach dem klassischen Eiskugel-Count (Dame=9 Eiskugeln) steht eine -68 für ein Äquivalent von mindestens 7 (Mehr-)Damen auf dem Brett. Schwer vorstellbar, dass das Brett mit 7 Damen zugepflastert nicht irgendwie in wenigen Zügen matt sein soll. Aber Stockfish will nix von Matt wissen und stochert bei einer Rechentiefe von 23 zielstrebig im Kaffeesatz. Engine-Versteher bitte vortreten :-)

  2. Nicht auszuhalten diese Partie. 3 Monate Schachverbot für den führer der schwarzen Steine. Union gewinnt seine Spiele souveräner.
    :)

  3. Die Bewertung von -68 wurde ja schon ausführlich kommentiert. Wobei ich beitragen würde: bei dem rasanten Speed, wie sich die engines entwickeln, muss man sehr bald damit rechnen, dass man absolut KEINE sinnvollen bis hilfreichen menschlichen Bewertungen mehr bekommt, weil nämlich jede Stellung lediglich in die nur sehr geringfügigen zwei Unterscheidungsmerkmale von “Matt in … Zügen” und “0.00” zu unterteilen wären. Dabei schlösse sich die Frage an, ob man bei “Weiß setzt Matt in 58 Zügen” als Verteidiger (also: Schwarzspieler) nun tatsächlich schlechtere praktische Chancen hätte gegenüber der Bewertung “Weiß setzt Matt in 65 Zügen”?! Hier wird es dann doch sehr philosophisch. Mein Credo also: es gehören “menschliche Bewertungen” her. Das müsste man doch alsbald mal hinbekommen? Diese müssten sich unterteilen in “Weiß gewinnt zu x%, Remis zu y% und Schwarzsieg zu z%”, mit der kleinen Nebenbedingung, dass x + y + z = 1 sein muss. Wie genau man damit die tatsächliche Chancenverteilung reflektiert beziehungsweise inwieweit es später gar möglich wäre, die Elo-Differenz in diese Chancenverteilung einzubeziehen ist dann wieder eine andere Frage.

    Aufgefallen wäre mit bei der “Gewinnführung” des Schwarzen noch, dass er den vorletzten Zug Dame f3-f2+ eingeschoben hat, möglicherweise in sadistischer Absicht, oder ob ihm das sofortige Matt Dame f3 nach f1 nur entgangen war?

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