Das Verhör der Angeklagten war damit beendet. Auf sämtliche Tatzeugen wurde verzichtet und nur die medizinischen Sachverständigen vernommen.
Dr. med. Opfer, der als erster an das Schmerzenslager des Justizrats Levy gerufen worden war, hatte fünf größere Verletzungen gefunden, namentlich eine sehr tiefe Wunde links am Halse und eine tiefe Wunde an der linken Seite des Unterleibs. Nach den Mengen Blutes, die auf den Betten sich zeigten, hatte der Sachverständige den Eindruck, daß die Hauptverletzungen dem Justizrat in dem Augenblick beigebracht worden sein müssen, als er in das Bett seiner Frau hinüberkroch, um dieser zu helfen. Der Justizrat lebte noch, war noch bei Besinnung, verlangte nach seinen Kindern, kannte seine Söhne und bat nur, man solle ihn nicht lange quälen, sondern sterben lassen.
Dr. med. Hadra äußerte sich über die Verletzungen, welche die Frau Justizrat erlitten hatte. Sie war von diesen wiederhergestellt worden.
Vors.: Bei der Frau Justizrätin ist nur eine starke Erschütterung des Nervensystems zurückgeblieben, dies ist auch der Grund gewesen, weshalb die Frau Justizrätin hier nicht als Zeugin erscheinen konnte.
Geh. Sanitätsrat Dr. Israel war erst bei dem Justizrat Levy erschienen, als dieser schon in den letzten Zügen lag.
Medizinalrat Dr. Long schilderte die Ergebnisse der Obduktion. Auf der rechten Seite war eine knopflochartige, in der Längsrichtung des Körpers verlaufende Wunde vorhanden, die den Deltamuskel durchbohrte, an dem inneren Rande des Oberarmknochens hineinging und dort den Gefäß- und Nerven-Plexus scharfrandig durchtrennt hatte. Dann ist von der großen Schlagader eine zwei Millimeter breite Brücke an der Hinterwand stehen geblieben. Links zwischen der fünften und sechsten Rippe ist der Brustkorb durch knopflochartige Trennungen durchbohrt. Ferner ging vom rechten Schlüsselbein ein Kanal in die Tiefe und hat die erste Rippe gesprengt, zu gleicher Zeit auch das an die Rippe angrenzende Rippenfell durchbohrt. Der Tod ist durch Verblutung und Eindringen von Luft in den Brustkorb erfolgt. Gerichtsarzt Dr. Störmer schloß sich diesem Gutachten an und erwähnte noch, die Meinung der Angeklagten, daß der Justizrat der schwächere Teil der beiden Opfer war, sei ein Irrtum. Tatsächlich hatte der Verstorbene eine starke Muskulatur.
Geh. Sanitätsrat Dr. Hildebrandt, der in früheren Jahren den Angeklagten Grosse behandelte, hatte von Krämpfen bei ihm nichts bemerkt. Als Grosse fünf Jahre alt war, hat er an einem entzündlichen Zustand des Gehirns gelitten, der längere Zeit anhielt: Von Neigungen des Grosse zur Epilepsie hatte der Zeuge nichts wahrgenommen. Er habe ihn damals für geistig intakt gehalten.
Rechtsanwalt Hoffstädt: Kann der Herr Zeuge und Sachverständige aber vielleicht sagen, ob Grosse »geistig zurückgeblieben« ist?
Zeuge: Ich habe keine Veranlassung, dies anzunehmen.
Auf die Vernehmung des Medizinalrats Dr. Menger wurde verzichtet.