Berliner Schachgeschichte(n), Ausgabe 13

Ostermann’s Restaurationen

Da der jetzige Marqueur* des Herrn Ostermann die Schachgesellschaft zu ihrer besonderen Zufriedenheit bedient, so trage ich darauf an, daß demselben 2 Rthlr. als Neujahrsgeschenk aus der Gesellschafts-Kasse verabreicht werden, und bitte um die Zustimmung der Herren Mitglieder.
Berlin, den 18ten Januar 1828 [1]
Otto Zander entnimmt dies dem ältesten erhaltenen Dokument der Berliner Schachgesellschaft (heute BSG 1827 Eckbauer) und notiert es in seiner Festschrift zum 100jährigen Bestehen der Gesellschaft.

Lassen sich zu dieser spärlichen Information heute noch Details feststellen? Dieser Frage bin ich mit einer Recherche in Adress- und Kirchenbüchern, Stadtführern, Karten und Straßenverzeichnissen nachgegangen. Dass dabei Reichskanzler Gustav Stresemann ins Spiel kommt hätte ich anfangs nicht gedacht.

*Marqueur = “Furchenzieher” = Kellner, der mit Kreidestrichen auf einer Tafel die Bestellungen “markierte”.

[14] Blick in die Cöllnische Gasse im Jahr 1935. Links im Vordergrund befand sich das Eckhaus Fischerbrücke 23. Auch auf Original-Fotographien von Heinrich Zille aus dem Jahr 1900 klafft hier schon eine Baulücke. Man sieht auf die Hauswand der Cöllnischen Gasse Nr. 9. Das kleine Gebäude hinten rechts am Ende der Straßeneinmündung zur Fischerstraße ist das Lokal “Zum Nussbaum”, gebaut im Jahr 1507. Hier kehrte in der Kaiserzeit Heinrich Zille regelmäßig ein. Das Lokal wurde im Jahr 1943 bei einem Bombenangriff zerstört. Das heutige Lokal “Zum Nussbaum” im Nicolai-Viertel ist eine mit Zille-Bildern dekorierte Nachbildung.
Johann Theodor Ostermann (1786-1844) war der Sohn des Bauern Johann He(i)nrich Ostermann aus Hattingen (Ennepe-Ruhr-Kreis). Am 11. April 1814 heiratete er in Berlin Charlotte Wilhelmine Zepernick (1792-1865), Tochter des Spandauer Ackerbürgers Johann Friedrich Zepernick und dessen Ehefrau Charlotta Schumann. Gemeinsam bezogen sie eine Wohnung in der Neuen Friedrichstraße 56 (Berlin), wo schon im Oktober d. J. der erste Sohn Carl Wilhelm Theodor (1814-1842) zur Welt kam. Es folgten drei weitere Söhne. Zu dieser Zeit arbeitete er als Schuhmacher. [2] Es folgten 1816 die Söhne Carl Friedrich [3] und 1819 Friedrich Wilhelm [4]. Letzterer starb jedoch 1823 jung am Scharlachfieber [5].

Aus den folgenden Jahren sind lückenhaft Adressbücher [6] und Zeitungen [7] erhalten geblieben. Auf die dort gemachten Angaben beziehe ich mich. In verschiedenen Adressbüchern irritieren manchmal abweichende Vornamenkürzel. Auch sind redaktionell bedingt in diesen jährlich erscheinenden Werken zeitliche Abweichungen der Angaben von mehr als einem Jahr möglich.

Belegt scheint mir, dass er 1819 zunächst zusammen mit Joh.(an;ann;annes;annis) Abr.(aham) Lindenschmidt mit Solinger Stahlwaren, u. a. Tafelbestecken handelte [4]. Zunächst war deren Geschäft an der Spittelbrücke 2 angesiedelt [8]. 1820 trennten sich ihre Wege und Ostermann eröffnete ein eigenes Geschäft zunächst in der Bischofsstraße 17 [9], möglicherweise wechselte er vor 1823 in die Wallstr. 5 [6]. In den folgenden Jahren habe ich keine Quellennachweise beider Geschäfte mehr gefunden.

Als der vierte Sohn Johann Friedrich August (1821-?) geboren wurde, arbeitete er wieder als Schuster [10]. Jedoch kann vermutet werden, dass Ostermann ab dem Jahr 1822 mit der Josty’schen Bierniederlage, nun auch an der Spittelbrücke 2 angesiedelt, seine Chance erkannte [6]. Daniel Josty, Bruder des auch in Schachkreisen bekannteren Schweizer Konditors Johann Josty [11], hatte schon bald nach seiner Ankunft in Berlin in der Prenzlauer Str. 59 sein Braugewerbe eröffnet [6]. Sein leichtes Lagerbier wurde auch in medizinischen Fachzeitschriften gewürdigt [12]. Als gelernter Brauer experimentierte Josty mit dem Zusatz von verschiedenen Kräutern und wurde damit auch zum Erfinder der “Berliner Weiße mit Schuss” [13].

Im Jahr 1823 verzeichnet das Totenbuch seines Sohnes Johann Friedrich August J. T. Ostermann erstmals als Cafetier [5]. Zwar wird Ostermann auch im folgenden Jahr als Restaurateur im Adressbuch mit der Anschrift Behrenstraße 49 geführt, 1826 jedoch wieder als Schuhmacher an der Fischerbrücke 23 [7]. Anscheinend war er ein tüchtiger Geschäftsmann und in mehreren Sparten tätig.

2 Gedanken zu „Berliner Schachgeschichte(n), Ausgabe 13“

  1. Sehr geehrter Herr Andreas Lange,

    mein Name ist Fred Ostermann.
    Bei meinen Recherchen zum Ursprung meiner Familie bin ich auf Ihre Forschungsarbeit gestoßen.
    Ich habe mir zwar Ihren Artikel über den Schachklub Kreuzberg kopiert, jedoch hätte ich gern eine entsprechende Publikation der Berliner Schachgeschichte(n) Ausgabe 13 zur Familie Ostermann.
    Es wäre schön, wenn wir in Kontakt kommen könnten.

    Mit freundlichen Grüßen
    Fred Ostermann

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